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Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

Die Staatseinnahmequote schwankte zwischen 39 Prozent <strong>des</strong> nominalen BIP in 1970 und 46,6 Prozent im Jahr<br />

1999. Im Jahr 2012 lag sie bei 45,1 Prozent, also praktisch gleichauf mit der Ausgabenquote. Die wichtigsten<br />

Einnahmekomponenten sind die Steuern und die Sozialbeiträge (Abbildung 8). Die Steuerquote ist aktuell klar<br />

ansteigend, lag im Jahr 2012 mit 22,7 Prozent aber nur leicht über dem historischen Durchschnitt. Die<br />

Sozialbeitragsquote ist nach der Wiedervereinigung stark angestiegen und lag in der Spitze bei 19,5 Prozent im<br />

Jahr 1997. Seitdem ist sie in der Tendenz rückläufig. Im Jahr 2012 betrug sie 17 Prozent.<br />

3.2.4 Auswirkungen einer dauerhaften Staatsverschuldung<br />

Die Probleme einer Staatsverschuldung, die nicht konjunkturell begründet ist, sondern eine dauerhafte<br />

Überlastung der öffentlichen Finanzen darstellt, sind vielschichtig.<br />

Die Erfahrung der Vergangenheit lehrt, dass eine hohe Staatsverschuldung mit einem Verdrängen privater<br />

Kapitalnachfrage („Crowding-out“) verbunden ist, weil ein Anstieg der öffentlichen Finanzierungsnachfrage das<br />

Nettoangebot an Kapital für die Privatwirtschaft in einer Volkswirtschaft verringert. Die Zinssätze steigen und<br />

bewirken einen Rückgang der Kapitalnachfrage vonseiten der Unternehmen. Sinkende Investitionen verringern<br />

den gesamtwirtschaftlichen Kapitalstock und damit das langfristige Wirtschaftswachstum. 68 Eine Vielzahl<br />

empirischer Studien belegt, dass eine Zunahme der Staatsschulden zu einem Anstieg der Zinssätze führt. 69<br />

Allerdings könnten das Sparmotiv einer alternden Gesellschaft und die im internationalen Vergleich hohe<br />

Bonität der Bun<strong>des</strong>republik in einer Zeit großer Risikoaversion der Anlegerinnen und Anleger dazu geführt<br />

haben, dass der Verdrängungseffekt derzeit weniger relevant ist. Eine abschließende Klärung dieses Sachverhalts<br />

steht noch aus.<br />

Aus Sicht einer Generationenbilanzierung stellt eine kreditfinanzierte Schuldenaufnahme zudem eine<br />

Umverteilung innerhalb nachfolgender Generationen dar. Um die Zinszahlungen zu leisten, werden später<br />

höhere Steuern oder geringere staatliche Leistungen erforderlich. Gleichzeitig fließen dann Zins- und<br />

Tilgungszahlungen an die Halterinnen und Halter von Staatsanleihen. Für die Entwicklung der<br />

Staatsverschuldung ist hierbei das Verhältnis von Zinssatz und nominaler Wachstumsrate entscheidend.<br />

Übersteigt der Zins die Wachstumsrate <strong>des</strong> nominalen BIP, lässt sich zeigen, dass die Schuldenquote einer<br />

Volkswirtschaft bei konstanter Kreditaufnahme stark ansteigt und damit nicht tragfähig ist. Empirisch traf dieser<br />

Fall für Deutschland zu, denn der zu leistende Zinssatz auf öffentliche Schuldtitel war im Durchschnitt größer als<br />

das nominale BIP-Wachstum. 70 Bei der Generationenbilanzierung sind allerdings die Kosten für künftige<br />

Generationen einzubeziehen, die aus nicht erfolgten Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Umwelt<br />

resultieren. Die Folge ist nicht nur ein niedrigeres qualitatives Wachstum, sondern auch eine zukünftig<br />

schlechtere Infrastruktur und eine belastetere Umwelt. Dies impliziert, dass eine Konsolidierung zulasten der<br />

öffentlichen Investitionen nicht ratsam erscheint.<br />

Erschwerend kommen die steigenden Belastungen der öffentlichen Haushalte aufgrund <strong>des</strong> demografischen<br />

Wandel hinzu. Insbesondere die Ausgabenseite dürfte – bei unveränderter Gesetzeslage – aufgrund eines starken<br />

Anstiegs der Sozialausgaben in den kommenden Jahrzehnten deutlich schneller zunehmen als das nominale BIP.<br />

Nach Berechnungen <strong>des</strong> Sachverständigenrats weisen die öffentlichen Finanzen eine langfristige<br />

Tragfähigkeitslücke von 3,1 Prozent <strong>des</strong> BIP auf. 71 Um diese Lücke zu schließen, müsste der Primärsaldo der<br />

öffentlichen Haushalte, das heißt die Differenz zwischen öffentlichen Einnahmen und Ausgaben abzüglich zu<br />

leistender Zinszahlungen, exakt um diesen Betrag dauerhaft erhöht werden. 72 In Abschnitt 4.2 „Demografische<br />

Herausforderungen für die Finanzpolitik“ wird hierauf genauer eingegangen.<br />

68<br />

Vgl. Samuelson, Paul A.; Nordhaus, William D. (2007). Volkswirtschaftslehre.<br />

69<br />

Vgl. Faini, Riccardo (2006). Fiscal Policy and Interest Rates in Europe; Paesani, Paolo; Strauch, Rolf; Kremer,<br />

Manfred (2006). Public Debt and Long-Term Interest Rates; sowie Baldacci, Emanuele; Kumar, Manmohan S.<br />

(2010). Fiscal Deficits, Public Debt, and Sovereign Bond Yields. Siehe auch Sachverständigenrat zur<br />

Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2007). Staatsverschuldung wirksam begrenzen: Kasten<br />

3. Dieser bietet einen ausführlichen Literaturüberblick zum Zinseffekt von Staatsverschuldung.<br />

70<br />

Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2007).<br />

Staatsverschuldung wirksam begrenzen.<br />

71<br />

Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2011).<br />

Herausforderungen <strong>des</strong> demografischen Wandels.<br />

72<br />

Die öffentlichen Finanzen gelten als tragfähig, wenn die Schuldenquote über die Zeit hinweg konstant bleibt.<br />

Die Tragfähigkeitslücke gibt die hierfür dauerhaft notwendige Erhöhung <strong>des</strong> Primärsaldos an. Ein alternatives<br />

Maß für die Tragfähigkeit ist die implizite Schuldenquote (siehe oben); sie ergibt sich per Definition als Barwert<br />

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