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Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

Gleichwohl darf ein rohstoffarmes Land wie Deutschland sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit<br />

ausruhen, sondern muss bei Bildung und Innovation die Grundlage dafür legen, dass es seinen<br />

Innovationsvorsprung auch in Zukunft verteidigen können.<br />

Sozial- und Umweltstandards<br />

Im Rahmen der Debatte über die Konkurrenz aus den Niedriglohnländern ist zuweilen die Forderung nach<br />

„fairen“ Sozial- und Umweltstandards zu vernehmen. Dahinter steht die Tatsache, dass in vielen<br />

Entwicklungsländern Menschenrechte und Umweltschutz nicht adäquat umgesetzt werden und die<br />

Arbeitsbedingungen nicht unseren Vorstellungen entsprechen.<br />

Dabei ist eine differenzierte Betrachtungsweise notwendig. Abstriche bei den universellen Menschenrechten sind<br />

nicht hinnehmbar; die deutsche Politik hat die Aufgabe, Menschenrechtsverletzungen auch bei wichtigen<br />

Handelspartnern offen anzusprechen und die Umsetzung von Lösungen zu unterstützen. Dagegen muss das Für<br />

und Wider bei Min<strong>des</strong>tstandards im sozialen und im Umweltbereich sorgfältig abgewogen werden, insbesondere<br />

wenn primär die Maßstäbe entwickelter Volkswirtschaften angesetzt werden. Einerseits würden die Kosten von<br />

zu hohen Standards die armen Nationen überfordern, weil die Produktivität der Arbeitskräfte dort sehr viel<br />

geringer ist als in den Industrieländern. Daher verwundert es nicht, dass Entwicklungs- und Schwellenländer sich<br />

dem Ansinnen mit Nachdruck widersetzen, Sozial- und Umweltstandards in der World Trade Organization<br />

(WTO) zu verankern, wo Verstöße mit Handelssanktionen geahndet werden könnten. Andererseits besteht die<br />

Gefahr von Regulierungsarbitrage, indem zum Beispiel Produktionsstätten in Länder mit besonders niedrigen<br />

Umweltstandards oder fragwürdigen Arbeitsbedingungen verlagert werden. Dies gilt insbesondere für Länder, in<br />

denen die Rechte der Betroffenen nicht ausreichend institutionell verankert sind.<br />

Sinnvoller erscheint es daher, auf die Sozial- und Arbeitsstandards der International Labour Organization (ILO)<br />

zu setzen, die weltweit schon viele Länder ratifiziert haben. Weil es gleichwohl zuweilen an der Durchsetzung<br />

mangelt, könnten die ratifizierten Standards gegebenenfalls in bilateralen EU-Handelsabkommen verankert<br />

werden, um ihnen mehr Geltungskraft zu verleihen. Das Gleiche gilt für Umweltstandards, auf die man sich in<br />

internationalen Gremien verständigt hat.<br />

Multinationalen Unternehmen, die in Entwicklungsländern produzieren, ist es aufgrund der höheren<br />

Produktivität zumutbar, höhere als die nationalen Sozial- und Umweltstandards zu erfüllen. Corporate<br />

Responsibility heißt an dieser Stelle, dass Unternehmen eine Verpflichtung und Vorbildfunktion haben, zum<br />

Beispiel die Regularien und freiwilligen Selbstverpflichtungen in allen Stellen, an denen sie weltweit tätig sind,<br />

einzuhalten.<br />

Internationaler Standortwettbewerb<br />

Im Zuge der Globalisierung ist es zu einer stärkeren Konkurrenz der Länder um das mobiler gewordene Kapital<br />

gekommen. Denn Staaten sind auf Unternehmen und Investitionen angewiesen, wenn sie ihrer Bevölkerung<br />

dauerhaft Beschäftigung und Wohlstand ermöglichen wollen. Damit ist die Sorge entstanden, die Politik würde<br />

gegenüber der globalen Wirtschaft an Autonomie verlieren. Darüber hinaus könnte es theoretisch zu einem<br />

ruinösen Wettbewerb bei Steuern und Sozialstandards kommen, der langfristig die Finanzierung von Schulen,<br />

Straßen und sozialem Ausgleich infrage stellen könnte.<br />

Doch in vielen Bereichen sind diese Ängste überzogen. Denn auch multinationale Unternehmen operieren nicht<br />

im rechtsfreien Raum. Sie müssen sich zum einen den Gesetzen der Länder beugen, in denen sie operieren. Zum<br />

anderen nehmen insbesondere in der EU die supranationalen Kompetenzen zu, etwa bei Regulierungen oder dem<br />

Kartellrecht. Die Wettbewerbsverfahren der Europäischen Kommission gegen Wirtschaftsgiganten wie<br />

Microsoft, Intel und General Electric bezeugen dies.<br />

Darüber hinaus schauen die Unternehmen bei Steuern und Sozialabgaben nicht nur auf die Kostenseite, sondern<br />

auch auf das, was ein Staat bietet, etwa in puncto Bildung, Infrastruktur und sozialem Frieden. Es kommt also<br />

auf ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis bei staatlichen Leistungen an. Auch empirisch lässt sich die These vom<br />

ruinösen Steuerwettbewerb nicht belegen. So ist beispielsweise der Anteil der Gewinnsteuern von<br />

Kapitalgesellschaften an der Wirtschaftsleistung in der OECD seit 1985 (2,6 Prozent) nicht gesunken, sondern<br />

hat sogar bis 2008 deutlich zugelegt (auf 3,5 Prozent). Zudem kann ein internationaler Standortwettbewerb<br />

durchaus positive Wirkungen auf die Politik entfalten, etwa indem Abwanderungen von Unternehmen und<br />

Produktionsstätten auf wirtschaftspolitischen Korrekturbedarf hindeuten.<br />

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