Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts
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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />
Wachstum), so ist es – wiederum bei allen Unzulänglichkeiten – das BIP pro Kopf. 28 Die Abbildungen A1 und<br />
A2 29 präsentieren die Wachstumsraten <strong>des</strong> realen BIP und <strong>des</strong> realen BIP pro Kopf, und zwar für 12 europäische<br />
und drei außereuropäische Länder auf Basis standardisierter Statistiken. Dies geschieht für die letzten<br />
16 Jahrzehnte, also seit 1850, und zwar jeweils im Durchschnitt der Dekaden. Bei der Auswahl der Länder<br />
handelt es sich ausschließlich um sehr hoch entwickelte Industrienationen. Es sind im Wesentlichen jene Länder,<br />
die in der ersten Welle der Industrialisierung der Welt seit Mitte <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts mit dabei waren – in<br />
Europa der deutschsprachige Raum (Deutschland, Österreich und die Schweiz), Teile West- und Südeuropas<br />
(Belgien, Frankreich, Italien, die Niederlande und das Vereinigte Königreich), Nordeuropa (Dänemark,<br />
Finnland, Norwegen und Schweden) sowie Australien, Kanada und die Vereinigten Staaten. Es sind demnach<br />
allesamt Länder, die seit langer Zeit kein langfristiges Potenzial zum Aufholen gegenüber der Weltspitze<br />
auszunutzen können, da sie als Gruppe selbst diese Weltspitze bilden. Was sie an Wachstumsraten in den letzten<br />
Jahrzehnten erzielten, ist <strong>des</strong>halb im Wesentlichen das Ergebnis <strong>des</strong> Wachstums <strong>des</strong> Wissens und <strong>des</strong>sen<br />
Umsetzung über Investitionen der verschiedensten Art (beim BIP pro Kopf) sowie zusätzlich <strong>des</strong> Wachstums der<br />
Bevölkerung (beim BIP).<br />
Betrachten wir zunächst das Wachstum seit der frühen Nachkriegszeit. Für Europa insgesamt (in Abbildung A1a<br />
und A2a genannt: „Europa 12“) lässt sich seit den 1950er Jahren eine fast kontinuierliche Abnahme der<br />
Wachstumsrate feststellen, von einer Größenordnung von über 4 Prozent auf 2 Prozent beim BIP und von fast<br />
4auf unter 2 Prozent beim BIP pro Kopf. Für Deutschland (in Abbildung A1b und A2b) ist der Rückgang noch<br />
deutlich schärfer, was vor allem an seiner überaus starken Wachstumsleistung der 1950er und 1960er Jahre liegt.<br />
Bei anderen europäischen Ländern ist die Abschwächung dagegen viel moderater. Dies gilt vor allem für die<br />
skandinavischen Länder und die Schweiz, wo die Kriegsleiden und -folgen begrenzt waren und <strong>des</strong>halb auch die<br />
Erholung danach schwächer ausfiel. Es gilt aber auch für das Vereinigte Königreich, das in der frühen<br />
Nachkriegszeit noch einen deutlichen Vorsprung im Pro-Kopf-Einkommen vor Deutschland aufwies, von dieser<br />
Spitzenposition aus aber schnell seine wirtschaftliche Dynamik verlor. Tatsächlich ist im britischen<br />
Wirtschaftswachstum seit den 1950er kaum ein negativer Trend nachweisbar. Ähnliches gilt für die<br />
angloamerikanischen Überseeländer Australien, Kanada und die Vereinigten Staaten. Deren Wachstum <strong>des</strong> BIP<br />
pro Kopf ist jedenfalls seit den 1970er Jahren bemerkenswert stabil, mit einer eher bescheidenen Abschwächung<br />
in der letzten Dekade.<br />
Tatsächlich ist die jüngste Entwicklung derzeit noch überaus schwierig zu interpretieren, vor allem weil sie<br />
massiv durch den wirtschaftlichen Einbruch von 2009 beherrscht wird, mit einer Schrumpfung von etwa<br />
4 Prozent <strong>des</strong> BIP in Europa und Nordamerika (vgl. Abbildungen A1 und A2). Immerhin geht es dabei um den<br />
dramatischsten konjunkturellen Absturz seit der Weltwirtschaftskrise. Danach gab es zwar eine durchaus<br />
signifikante Erholung, die vor allem im deutschsprachigen Raum recht kräftig ausfiel. Es ist aber sehr schwierig,<br />
aus derart kurzfristigen Ausschlägen einen Trend herauszulesen. Erst in wenigen Jahren wird man statistisch<br />
abschätzen können, ob eine Rückkehr zu dem vorherigen Trend oder der Beginn eines ganz neuen Trends<br />
vorliegt. Schlüsse über die Wachstumsdynamik in der Zukunft – im Unterschied zur aktuellen konjunkturellen<br />
Situation – sind also schwer möglich. Dies gilt umso mehr, als sich die strukturelle Situation zwischen einzelnen<br />
Ländern Europas – zum Beispiel Italien und Deutschland – heute anscheinend sehr viel stärker unterscheidet, als<br />
dies in der Vergangenheit der Fall war. Hinzu kommt, dass sieben der zwölf europäischen Länder, die in<br />
Abbildung A1 und A2 berücksichtigt werden, in der Eurozone liegen. Deren Zukunft ist derzeit in hohem Maße<br />
ungewiss.<br />
Viel gesicherter ist dagegen der Wachstumsvergleich mit weiter zurückliegenden Jahrzehnten. Dieser kann<br />
Aufschluss darüber geben, inwieweit sich das Wachstum der letzten Jahrzehnte von früheren Epochen seit der<br />
Industrialisierung unterscheidet. Das Ergebnis ist bemerkenswert eindeutig: Vergleicht man das wirtschaftliche<br />
Wachstum der Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg (in Deutschland die „Kaiserzeit“) mit dem seit dem Zweiten<br />
Weltkrieg, so stellt man fest, dass in den meisten Ländern die Wachstumsraten der 1950er, 1960er und 1970er<br />
Jahre als ungewöhnlich hoch hervorstechen. Die Raten der Zeit seit den 1980er Jahren dagegen entsprechen dem<br />
historischen Normalmaß, sind also keineswegs außergewöhnlich niedrig. Was die Pro-Kopf-Einkommen betrifft,<br />
haben sogar die jüngsten Jahrzehnte gegenüber den Dekaden vor dem Ersten Weltkrieg die Nase vorne, und dies,<br />
obwohl gerade jene Zeit als wirtschaftlich besonders erfolgreich gilt. Der Grund liegt vor allem darin, dass doch<br />
ein beträchtlicher Teil <strong>des</strong> Wachstums im 19. und frühen 20. Jahrhundert auf das Konto einer schnell<br />
wachsenden Bevölkerung ging, also eher „extensiv“ als „intensiv“ ausfiel.<br />
28<br />
Weitere Varianten sind möglich: Geht es zum Beispiel um die Produktivität der Arbeit, wird das BIP pro<br />
erwerbstätiger Person (oder Arbeitsstunde) gewählt; geht es um die Produktivität der eingesetzten Energie, ist<br />
das BIP pro gemessener Einheit verbrauchter Energie die adäquate Größe.<br />
29<br />
Siehe Anhang zum Berichtsteil der Projektgruppe 1.<br />
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