18.04.2013 Aufrufe

Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

4846<br />

4847<br />

4848<br />

4849<br />

4850<br />

4851<br />

4852<br />

4853<br />

4854<br />

4855<br />

4856<br />

4857<br />

4858<br />

4859<br />

4860<br />

4861<br />

4862<br />

4863<br />

4864<br />

4865<br />

4866<br />

4867<br />

4868<br />

4869<br />

4870<br />

4871<br />

4872<br />

4873<br />

4874<br />

4875<br />

4876<br />

4877<br />

4878<br />

4879<br />

4880<br />

4881<br />

4882<br />

4883<br />

4884<br />

4885<br />

4886<br />

4887<br />

4888<br />

4889<br />

4890<br />

4891<br />

4892<br />

4893<br />

4894<br />

4895<br />

Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

1.4. Pfadwechsel für neuen Wohlstand<br />

Grundlegend für eine Politik unter den Bedingungen niedrigen oder gar ausbleibenden Wachstums muss die<br />

Beschreibung <strong>des</strong>sen sein, was gesellschaftlicher Wohlstand ist. Diese Erkenntnis ist eine Aufforderung an eine<br />

Politik, die Verteilungsfrage stärker in den Vordergrund zu rücken, anstatt eine illusionäre Politik der Rückkehr<br />

zu hohen Wachstumsraten um jeden Preis zu verfolgen. Eine sozial-ökologische Transformation sollte <strong>des</strong>halb<br />

Folgen<strong>des</strong> leisten:<br />

Demokratisierung der Wirtschaft und Gesellschaft;<br />

mehr europäische Kooperation im Sinne der Nachhaltigkeit;<br />

Förderung sozial-ökologischer Entwicklungsmodelle. Dies kann durch eine Verteilungspolitik<br />

gelingen, welche die Binnennachfrage und regionale Wirtschaftskreisläufe stärkt, hohe Vermögen und<br />

Einkommen stärker zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben heranzieht, Investitionen in<br />

Umwelt, Bildung und Infrastruktur ausweitet, eine energie- und ressourceneffiziente Modernisierung<br />

der Wirtschaft und Technologien vorantreibt und Leitmärkte für nachhaltige Zukunftstechnologien<br />

fördert;<br />

die absolute Entkopplung <strong>des</strong> Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch;<br />

eine höhere Integrations-, Aufnahme- und Verarbeitungstoleranz gesellschaftlicher Teilsysteme bei<br />

sinkenden Wachstumsraten. Es muss gelingen, den Arbeitsmarkt, die Sozialsysteme und die öffentlichen<br />

Haushalte vom Wachstum abzukoppeln.<br />

Die Herausforderung der sozial-ökologischen Transformation auf eine nachhaltige Entwicklung ist angesichts<br />

vielfältiger Krisentendenzen und hoher Pfadabhängigkeiten ebenso drängend wie groß. Die Zeit wird knapp,<br />

denn das Umsteuern auf eine nachhaltige Entwicklung ist ein tiefer Eingriff, da es nicht um Teilkorrekturen geht,<br />

auch nicht um eine Feinanpassung in der Rahmensetzung oder um die graduelle Adaption bestehender Routinen<br />

und Institutionen. Eine sozial-ökologische Transformation und der Pfadwechsel in der politischen Regulierung<br />

lassen sich nicht allein technisch-ökonomisch bewerkstelligen, sondern sind eine politische, gesellschaftliche<br />

und sozio-kulturelle Herausforderung. Technologien müssen sich nachhaltig entwickeln, wie auch Governance<br />

und Lebensstile. Die Transformation erfordert die gesamte Bandbreite der Ordnungs- und Gestaltungspolitik<br />

sowie neue Konzepte einer nachhaltigen Arbeitswelt und nachhaltiger Konsum- und Lebensstile.<br />

Jede Verzögerung erhöht die Umbaukosten und verringert die Umbauchancen. Umgekehrt können die<br />

Anpassungskosten durch entschiedenes und global konzertiertes Eingreifen auf ein beherrschbares Maß gesenkt<br />

werden. 241 Die Transformationsperspektive ist nicht nur eine Alternative zum „business as usual“, sondern auch<br />

zur bloßen Effizienzsteigerung und Optimierung. Ein solcher Pfadwechsel ist kein apokalyptisches<br />

Untergangsszenario, das letztlich in politische Apathie mündet. Die sozial-ökologische Transformation ist die<br />

angemessene Reformperspektive für die heutigen Herausforderungen.<br />

Vielversprechende Optionen einer gelingenden Transformation bieten die Anreize für einen Pfadwechsel, der die<br />

Angst vor neuen Wegen nimmt. Ein solcher Pfadwechsel lässt sich nicht einfach vorschreiben und von oben<br />

(bottom-up) implementieren. Die Ausweitung der Demokratie gehört unverzichtbar dazu. Die Fähigkeit<br />

demokratischer Gesellschaften zur Reflektion, Evaluation und Fehlerkorrektur gehört zu einer nachhaltigen<br />

Gesellschaft. Der Pfadwechsel ist eine gemeinsame Anstrengung. Unerlässlich ist die Verknüpfung mit<br />

gegenwärtigen Erfahrungswelten und Wertmustern, zumal gerade in der Ökologiefrage die Kluft zwischen<br />

grundsätzlichen Einstellungen und tatsächlichem Verhalten enorm groß ist. Die demokratische Gestaltung <strong>des</strong><br />

Pfadwechsels basiert auf der Einsicht, dass die sozial-ökologische Transformation zu einem aufgeklärten<br />

Realismus gehört.<br />

Die Erkenntnis der multiplen Krisen als Ausgangspunkt für einen neuen Fortschritts- und Wohlstandsbegriff und<br />

für eine Transformation zur nachhaltigen Entwicklung prägt die folgenden Kapitel. Es wird dargestellt, ob und<br />

in welcher Weise zum Beispiel die Einkommensverteilung, die Beschäftigungsverhältnisse, der Sozialstaat oder<br />

das Bildungssystem auf Wirtschaftswachstum angewiesen sind und welche Potenziale zur Mehrung von<br />

Wohlstand und Lebensqualität sie in einer nachhaltigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung besitzen. Zuvor<br />

beschreiben wir einleitend die Phasen in der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung der Nachkriegszeit,<br />

auch um die Notwendigkeit, ja die Alternativlosigkeit einer sozial-ökologischen Transformation zu begründen.<br />

241<br />

Vgl. Stern, Nicholas (2006). The Economics of Climate Change.<br />

136

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!