Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts
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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />
3.5.1. Grundlegende Zusammenhänge von Wachstum und Beschäftigung<br />
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass keine feste Korrelation zwischen der Entwicklung <strong>des</strong> BIP und der<br />
Beschäftigungshöhe besteht 380 . Letztere wird wesentlich durch die Länge der Arbeitszeiten der Erwerbstätigen<br />
und ihre Produktivität (Wertschöpfung je Zeiteinheit) bestimmt. Bei einem im Verhältnis zum<br />
Produktivitätsanstieg schwachen Wachstum können positive Effekte auf den Arbeitsmarkt ganz ausbleiben<br />
(„jobless growth“). Wie gerade in der jüngsten Krise deutlich geworden ist, muss umgekehrt ein sinken<strong>des</strong> BIP<br />
nicht notwendigerweise mit entsprechend weniger Beschäftigung verbunden sein. Entscheidend ist, wie sich –<br />
etwa als Folge tariflicher wie gesetzlicher Rahmenbedingungen – die Arbeitsproduktivität und die Arbeitszeiten<br />
pro Beschäftigten entwickeln (zur empirischen Entwicklung der Determinanten siehe Abbildung 33).<br />
9 %<br />
8 %<br />
7 %<br />
6 %<br />
5 %<br />
4 %<br />
3 %<br />
2 %<br />
1 %<br />
0 %<br />
8,2 %<br />
Abbildung 33: Wachstums- und Produktivitätsentwicklung nach Dekaden in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland.<br />
Produktivitätssteigerung bedeutet, dass das gleiche Produktionsergebnis mit einem geringeren Faktoreinsatz<br />
erzielt wird. Üblicherweise steigt die Arbeitsproduktivität, also das BIP je Beschäftigten, von Jahr zu Jahr<br />
aufgrund der technischen und organisatorischen Entwicklung. Allerdings gibt es auch problematische Formen<br />
der Produktivitätssteigerung. Das „gute“ Produktivitätswachstum (bessere/effizientere Technik, bessere<br />
Organisation, Vermeidung von Arbeitsunfällen et cetera) ist von dem „schlechten“, das auf Lohndumping,<br />
Zunahme unbezahlter Arbeitszeiten, höherem Leistungsdruck, weniger Pausen et cetera beruht, zu<br />
unterscheiden. Und vieles deutet darauf hin, dass der „schlechte“ Produktivitätszuwachs an Bedeutung<br />
gewonnen hat. Dies dokumentieren nicht nur die veränderten politischen Rahmenbedingungen, die zu mehr<br />
Leiharbeit, zu mehr Mini- und Midijobs oder zu mehr „Aufstockerinnen“ und „Aufstockern“ (Beschäftigte, die<br />
auf aufstockende Sozialhilfe angewiesen sind) geführt haben, sondern auch die starke Zunahme von Burnouts<br />
und die zunehmenden Klagen der Beschäftigten, die sich auch im „Index Gute Arbeit“ <strong>des</strong> DGB 381<br />
niederschlagen. 382<br />
Durchschnittliche Wachstums- und<br />
Produktivitätsentwicklung nach Dekaden<br />
Bun<strong>des</strong>republik Deutschland*<br />
Wachstum <strong>des</strong> realen<br />
Bruttoinlandsprodukts<br />
4,9 %<br />
4,5 %<br />
2,9 %<br />
3,8 %<br />
Wachstum der<br />
Produktivität je<br />
Erwerbstätigenstunde<br />
2,3 % 2,3 % 2,2 %<br />
2,0 %<br />
1,0 % 1,1 %<br />
50er Jahre 60er Jahre 70er Jahre 80er Jahre 90er Jahre 2000er Jahre<br />
*ab 1991 Gesamtdeutschland; wegen methodischer Änderungen sind die Daten vor und nach den 1970er Jahren nicht voll vergleichbar.<br />
Quelle: Statistisches Bun<strong>des</strong>amt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung; eigene Durchschnittsberechnungen<br />
380<br />
Vgl. zu den vielfältigen Bestimmungsgründen der Beschäftigungshöhe die Zusammenstellung bei Calmfors,<br />
Lars; Holmlund, Bertil (2000). Unemployment and Economic Growth. Hinsichtlich der Frage <strong>des</strong><br />
Zusammenhangs von Wachstum und Beschäftigung wird dort festgehalten: „The relationship between long-term<br />
growth and unemployment is unclear. A higher growth rate can have both positive and negative unemployment<br />
effects.“ Ebenda: 107. Vgl. auch Miegel (2010). Exit: 33-38.<br />
381<br />
Siehe DGB-Index Gute Arbeit (2010). Der Report 2010.<br />
382<br />
Vgl. Sauer, Dieter (2012). Organisatorische Revolution.<br />
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