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Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

Die ökonomische Theorie besagt: Globalisierung und technischer Fortschritt bringen häufig hoch<br />

qualifizierten Arbeiterinnen und Arbeitern größere Vorteile als niedrig qualifizierten. Gründe hierfür<br />

sind: (1) Der rasche Anstieg der Integration von Handel und Finanzmärkten erzeugt – zugunsten hoch<br />

qualifizierter Arbeitskräfte – eine relative Verschiebung in der Nachfrage nach Arbeitskräften. (2) Der<br />

technologische Fortschritt verlagert Fertigungstechnologien zugunsten von qualifizierten<br />

Arbeitskräften, und zwar in Industrie und Dienstleistungen.<br />

Die Analysen der OECD ergaben (für die OECD-Länder insgesamt): Weder steigende<br />

Handelsintegration noch finanzielle Offenheit hatten einen signifikanten Einfluss auf die Beschäftigung<br />

oder die Lohnungleichheit. Stärkere Kapitalströme und der technologische Wandel dagegen schon.<br />

Zwischen 1980 und 2008 kam es in den meisten OECD-Ländern zu Gesetzesänderungen, die die Ziele<br />

verfolgten, den Wettbewerb in den Güter- und Dienstleistungsmärkten zu stärken und die Arbeitsmärkte<br />

anpassungsfähiger zu machen. Maßnahmen hierfür waren: Lockerung der wettbewerbswidrigen<br />

Produktmarktvorschriften sowie <strong>des</strong> Kündigungsschutzrechts für Arbeiter mit befristeten Verträgen.<br />

Min<strong>des</strong>tlöhne sind in diesem Zeitraum in Relation zum Medianlohn ebenfalls gesunken. In den<br />

Tarifverhandlungen konnten zunehmend keine verteilungsneutralen Abschlüsse mehr erzielt werden.<br />

Aufgrund <strong>des</strong> zeitweise gesunkenen Organisationsgra<strong>des</strong> der Gewerkschaften (inzwischen zeichnet sich<br />

ein Ende dieses Trends ab) weiteten sich tariffreie Zonen aus. Hinzu kamen gesetzliche Veränderungen<br />

(Leiharbeit, Regelungen zu Mini- und Midijobs et cetera), sodass die gesamten Bruttolöhne noch weiter<br />

hinter einem verteilungsneutralen Ergebnis zurückblieben. Zudem wurden Lohnersatzleistungen<br />

gekürzt, Steuern auf Vermögen und Einkommen reduziert, wobei die Entlastungen mit der Vermögensund<br />

Einkommenshöhe deutlich zunahmen. Diese Veränderungen in Politik und Institutionen hatten<br />

einen erheblichen Einfluss auf die Verteilungssituation.<br />

Ergebnisse <strong>des</strong> Prozesses: (1) Positiver Einfluss auf das Beschäftigungsniveau, was allerdings stark<br />

zulasten der Qualität der Beschäftigung gegangen ist, was (2) zu gestiegenen Lohnunterschieden<br />

(„Lohnspreizung“) geführt hat. 457<br />

Die Zunahme der Teilzeitarbeit hat zur gestiegenen Lohnungleichheit beigetragen. Die Teilzeitquote<br />

lag 2011 bei 34,5 Prozent aller abhängig Beschäftigten gegenüber 15,7 Prozent im Jahre 1991.<br />

Insgesamt liegen die jährlich geleisteten Arbeitsstunden (Arbeitsvolumen) trotz <strong>des</strong> Anstiegs in den<br />

beiden Jahren vor und nach dem Kriseneinbruch 2008 immer noch unter dem Niveau von 1991. 458<br />

Frauen befinden sich nach wie vor in einer speziellen Situation: Zwar steigt die Beschäftigungsquote<br />

von Frauen an, aber das Arbeitsvolumen der erwerbstätigen Frauen hat sich nicht verändert: Immer<br />

mehr Frauen arbeiten in Teilzeit. Zudem erhalten sie häufig bei gleichem Bildungsniveau und für<br />

dieselbe Arbeit einen geringeren Lohn als Männer.<br />

Der Trend zu kleineren Haushalten steigert Lohn- und Einkommensungleichheit. Auch die<br />

„Paarungssiebung“ hat zur steigenden Ungleichheit beigetragen (ein Arzt heiratet eine Ärztin und<br />

nicht (mehr) die Krankenschwester).<br />

Die Ungleichheit der Kapitaleinkommen ist in den letzten Jahren durchschnittlich stärker gestiegen als<br />

die bei den Lohneinkommen. Allerdings stellt das Kapitaleinkommen lediglich 7 Prozent <strong>des</strong><br />

Gesamteinkommens eines Haushaltes. Der Einfluss <strong>des</strong> Kapitaleinkommens auf die<br />

Haushaltseinkommensungleichheit war <strong>des</strong>halb im Vergleich zum Einfluss von Lohneinkommen gering<br />

(Deutschland stellt hier eine Ausnahme dar, hier war der Einfluss bedeutend). Kapitaleinkommen<br />

wurde gerade für wohlhabende Haushalte eine größere Quelle von Haushaltseinkommen.<br />

455<br />

Für den Bereich der Vermögensungleichheit gibt es keine vergleichenden Studien.<br />

456<br />

Siehe Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) (2008). Growing Unequal?;<br />

Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) (2011). Divided We Stand; Organisation for<br />

Economic Co-operation and Development (OECD) (2011). Country Note: Germany; Organisation for Economic<br />

Co-operation and Development (OECD) (2008). Mehr Wohlstand durch Wachstum?<br />

457<br />

In den meisten Fällen ist der kombinierte Einfluss dieser Faktoren auf die allgemeine<br />

Einkommensungleichheit und Haushaltseinkommen weniger klar.<br />

458<br />

Siehe ausführlich Kapitel 3.5.2 dieses Sondervotums.<br />

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