Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts
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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />
3.1.4.4. Ausgaben für Forschung und Entwicklung<br />
Bereits auf dem EU-Gipfel in Barcelona im Jahr 2002 wurde das Ziel formuliert, bis 2010 3 Prozent <strong>des</strong><br />
Bruttoinlandproduktes in Forschung und Entwicklung (FuE) zu investieren. Während andere führende<br />
Wirtschafts- und Innovationsnationen die 3-Prozent-Marke schon lange erreicht und zwischenzeitlich hinter sich<br />
gelassen haben, hat Deutschland diese Marke bislang verfehlt.<br />
Im Jahr 2010 wurden 2,82 Prozent <strong>des</strong> BIP für FuE verwendet und damit nicht mehr als 2009. Nach Angaben<br />
der Expertenkommission „Forschung und Innovation“ 286 fehlten Ausgaben in Höhe von 4,7 Milliarden Euro, um<br />
das 3-Prozent-Ziel zu erreichen. Die Expertenkommission empfiehlt sogar, sich zukünftig nicht nur an diesem<br />
Ziel, sondern an der FuE-Intensität der weltweiten Spitzengruppe zu orientieren: „Das von der Bun<strong>des</strong>regierung<br />
aktuell vorgegebene Ziel, national bis zum Jahr 2015 drei Prozent <strong>des</strong> BIP für FuE aufzuwenden, ist in diesem<br />
Kontext wenig ambitioniert. Nicht zur Spitzengruppe der Länder aufzuschließen, birgt hohe volkswirtschaftliche<br />
Risiken.“ 287<br />
Nimmt man die Ausgaben von Finnland, Japan, Korea und Schweden als Benchmark, müssten knapp 4 Prozent<br />
<strong>des</strong> BIP, somit statt 4,7 Milliarden zusätzlich rund 25 Milliarden Euro für FuE aufgewendet werden. 288<br />
3.1.4.5. Abschätzung <strong>des</strong> Investitionsbedarfs<br />
Die genannten Bereiche weisen auf einen enormen Investitionsbedarf hin, wobei hier ein breiter<br />
Investitionsbegriff zugrunde gelegt ist, der nicht nur Investitionen „in Beton“, sondern etwa auch Ausgaben für<br />
(öffentlich) Beschäftigte („Humankapital“) oder für Forschung und Entwicklung beinhaltet. Diese werden in der<br />
traditionellen Statistik als Staatsverbrauch und damit missverständlich als Konsum geführt. Diese übliche<br />
Trennung von investiven und konsumtiven Staatsausgaben ist wenig realistisch, beide sind vielmehr<br />
komplementär. So wäre etwa ein Schulgebäude ohne Lehrpersonal eine völlige Fehlinvestition und nichts<br />
anderes als eine Bauruine. Aus diesem Grunde können auch nicht investive gegen konsumtive Staatsausgaben<br />
ausgespielt werden. Angesichts der komplexen Komplementarität von staatlichen Ausgaben dürfte es in der<br />
Praxis allerdings unmöglich sein, in breitem Umfang konsumtive durch investive Ausgaben zu ersetzen, ohne<br />
damit die Handlungsfähigkeit <strong>des</strong> Staates zu gefährden. 289<br />
Bereits die erwähnten zusätzlichen Bedarfe im Bildungsbereich belaufen sich auf knapp 60 Milliarden Euro pro<br />
Jahr. Dieser hohe Investitionsbedarf wird durch eine aktuelle Analyse <strong>des</strong> Deutschen Instituts für Urbanistik<br />
(DIfU) bestätigt, das im Auftrag der KfW-Bankengruppe eine repräsentative Befragung der Kommunen<br />
durchgeführt hat. Ergebnis: „Infolge der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunalhaushalte ist der<br />
Investitionsrückstand auf kommunaler Ebene mittlerweile auf knapp 100 Mrd. EUR angestiegen. […] Wie in der<br />
Vorjahresbefragung sehen die Kommunen in den beiden Bereichen Kinderbetreuung/Schulen sowie Straßen- und<br />
Verkehrsinfrastruktur die höchsten Investitionsrückstände.“ 290 Die Erfordernisse <strong>des</strong> ökologischen Umbaus der<br />
Wirtschaft (unter anderem Ausbau erneuerbarer Energien und ein klimaverträgliches Mobilitätskonzept) weisen<br />
auf weiteren hohen Finanzbedarf hin. 291<br />
Orientiert man sich an den klassischen Investitionen, die in Deutschland lediglich 1,7 Prozent <strong>des</strong> BIP<br />
ausmachen, und setzt 3 Prozent <strong>des</strong> BIP als Ziel, würden allein hier zusätzliche Investitionen in Höhe von rund<br />
35 Milliarden Euro pro Jahr notwendig werden. Um lediglich auf den EU-27-Durchschnitt von 2,5 Prozent bei<br />
diesen klassischen Investitionen zu kommen, müssten hierfür bereits jährlich zusätzliche 20 Milliarden Euro im<br />
Vergleich zum Status quo aufgebracht werden.<br />
286 Vgl. Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) (2012). Gutachten zu Forschung, Innovation und<br />
technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands.<br />
287 EFI (2012): 20.<br />
288 Vgl. auch Wissenschaftlicher Beraterkreis der Gewerkschaften IG Metall und ver.di (2010).<br />
Berufsbildungsperspektiven 2010: 8.<br />
289 Vgl. Truger, Achim (2009). Die makroökonomische Bedeutung öffentlicher Investitionen und ihre<br />
Finanzierbarkeit: 246.<br />
290 Wolff, Sascha (2012). Trotz verbesserter Einnahmesituation kein Abbau <strong>des</strong> Investitionsstaus in Sicht: 1.<br />
291 Vgl. Hey, Christian (2012). Wege aus dem Wachstumsdilemma.<br />
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