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Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

bescheideneren Ansatz zu suchen. Der prominenteste Ansatz dieser Art ist das Konzept <strong>des</strong> nachhaltigen<br />

Wachstums.<br />

2.6 Nachhaltiges Wachstum<br />

Als nachhaltig (englisch: “sustainable“) gilt ein System, wenn es in seinen wesentlichen Eigenschaften erhalten<br />

bleibt, sich also von selbst regeneriert. Angewendet auf Wohlstand und Wachstum geht es also um die Frage, ob<br />

die heutige Art <strong>des</strong> Wirtschaftens es auch künftigen Generationen erlaubt, min<strong>des</strong>tens ein gleich hohes<br />

Wohlstandsniveau zu erreichen, wie wir es heute schon haben. 24<br />

Die Grundidee der Nachhaltigkeit stammt aus der Forstwirtschaft, wo sie seit der Einführung <strong>des</strong> Konzepts<br />

durch Hans Carl von Carlowitz im Jahr 1713 eine klar umrissene Bedeutung hat. 25 Nachhaltig wirtschaften heißt<br />

dort: keinen Raubbau betreiben, nicht kurz- und mittelfristig zulasten der langfristigen Substanz leben, den<br />

Waldbestand – und damit den vorhandenen Kapitalstock – nicht plündern. Die Klarheit <strong>des</strong> Konzepts ergibt sich<br />

beim Wald allerdings aus der relativen Einfachheit <strong>des</strong> forstwirtschaftlichen Kalküls. Bäume brauchen<br />

typischerweise lange, um nachzuwachsen, und der Wald als Ganzes lange, um sich zu regenerieren. Auch<br />

wachsen Bäume mit einigermaßen voraussehbarer Geschwindigkeit und Struktur. Möglich ist <strong>des</strong>halb eine<br />

langfristige „intertemporale Optimierung“, die nicht allzu kompliziert ausfällt, da wesentliche Parameter der<br />

biologischen Veränderung als einigermaßen konstant – und vom Menschen nur wenig beeinflussbar –<br />

vorausgesetzt werden können.<br />

Wesentlich komplizierter ist die Frage der Nachhaltigkeit, wenn es um ganze Volkswirtschaften oder gar die<br />

Weltwirtschaft geht. Denn dort wächst (oder schrumpft) ein Kapitalstock, der sich viel stärker als der Wald in<br />

seiner Struktur verändert: Erst das neue technische Wissen sorgt für Investitionen in Sach- und Humankapital,<br />

die dann zu neuem Wohlstand und Wachstum führen. Der Kapitalstock besteht <strong>des</strong>halb nicht einfach nur aus<br />

natürlichen Ressourcen, sondern aus der Gesamtheit <strong>des</strong>sen, was Wirtschaft und Gesellschaft an entstandenem<br />

Wissen zur Verfügung haben. Die Geschichte lehrt, dass es in dieser Hinsicht oft zu fundamentalen<br />

Veränderungen kommt, die selbst im Nachhinein nur sehr schwer mit Kriterien der Nachhaltigkeit zu bewerten<br />

sind. Das Grundproblem <strong>des</strong> Konzepts <strong>des</strong> nachhaltigen Wachstums liegt dabei auf der Hand: Die Nachhaltigkeit<br />

selbst ist abhängig vom „Zeithorizont“, unter dem man sie betrachtet, und es gibt <strong>des</strong>wegen selbst im Nachhinein<br />

keine eindeutigen Kriterien dafür, zu entscheiden, ob ein Weg nachhaltig war oder nicht. Will man das Konzept<br />

<strong>des</strong> nachhaltigen Wachstums praktisch umsetzen, so muss man allerdings – explizit oder implizit – einen<br />

bestimmten Zeithorizont unterstellen. Tut man dies, so lassen sich auf pragmatische Art bestimmte Indikatoren<br />

auswählen, die im Lichte von Erfahrungswerten helfen, eine Entwicklung als „übersteigert“ und „nicht haltbar“<br />

zu klassifizieren. Es entsteht dadurch eine Art multidimensionales Indikatorensystem, ein „Dashboard“, das<br />

unterschiedliche Aspekte der Nachhaltigkeit aufgreift. Ansätze dazu sind in jüngster Zeit in methodisch<br />

sorgfältiger Weise entwickelt worden, so im sogenannten Stiglitz-Report 26 , der im Auftrag der französischen<br />

Regierung erstellt wurde, und in einem gemeinsamen Gutachten <strong>des</strong> deutschen Sachverständigenrates zur<br />

Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und <strong>des</strong> französischen Conseils d’Analyse Économique 27 .<br />

2.7 Empirie: Vergangenheit und Zukunft<br />

Will man Wirtschaftswachstum quantitativ beschreiben, so muss man sich zunächst entscheiden, was genau die<br />

relevante Fragestellung ist. Geht es um die Veränderung der gesamten Wirtschaftsleistung eines Lan<strong>des</strong> (das<br />

„extensive“ Wachstum), so ist – bei allen oben beschriebenen Unzulänglichkeiten – der richtige Ansatzpunkt das<br />

(reale) BIP. Geht es aber um die Veränderung <strong>des</strong> durchschnittlichen Wohlstandsniveaus (das „intensive“<br />

24<br />

So die Definition bei: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung; Conseil<br />

d’Analyse Économique (2010). Wirtschaftsleistung, Lebensqualität und Nachhaltigkeit: 107.<br />

25<br />

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ sowie auch die damit eng verbundenen ökologischen Herausforderungen werden<br />

umfassend im Bericht der Projektgruppe 3 „Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Fortschritt –<br />

Möglichkeiten und Grenzen der Entkopplung“ thematisiert. An dieser Stelle soll der Bezug zum<br />

Wachstumsbegriff genügen.<br />

26<br />

Vgl. Stiglitz, Joseph E.; Sen, Amartya; Fitoussi, Jean-Paul (2009). Report by the Commission on the<br />

Measurement of Economic Performance and Social Progress.<br />

27<br />

Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung; Conseil d’Analyse<br />

Économique (2010). Wirtschaftsleistung, Lebensqualität und Nachhaltigkeit: Kapitel 4.<br />

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