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Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

Maßgabe der Bewertungsmodelle so zusammengesetzt waren, dass sich die in ihnen enthaltenen Risiken<br />

gegenläufig verhielten und daher im Mittel ausglichen, im dann eingetretenen Krisenfall alles andere als<br />

risikoarm. Die Abfolge aus Zusammensetzung verschiedener Wertpapiere, Zerlegung in unterschiedliche<br />

Risikotranchen und Weiterverkauf wurde zum Teil mehrfach hintereinander geschaltet. Den Privatpersonen oder<br />

Institutionen, die die Wertpapiere am Ende solcher Verbriefungskaskaden kauften, war nicht mehr ersichtlich,<br />

welches Risiko sie tatsächlich eingingen. Daher hatte das Finanzsystem gerade nicht zu einer Verringerung der<br />

Informationsasymmetrie beigetragen, sondern zu deren Vergrößerung. Darüber hinaus fielen erhebliche<br />

Transaktionskosten an.<br />

Des Weiteren war es bisher möglich, Kreditversicherungen (credit default swaps, CDS) bezogen auf Dritte<br />

abzuschließen. Ursprünglich dienten Kreditversicherungen allein dazu, dass sich ein Gläubiger gegen den<br />

Zahlungsausfall eines Kreditnehmers absichern konnte. Damit wurde eine bessere Risikoverteilung ermöglicht.<br />

Dieses Geschäftsmodell entwickelte sich über die Zeit jedoch dahingehend fort, dass Personen, die keinen<br />

Anspruch gegen den Schuldner besaßen, sich dennoch gegen einen Kreditausfall versichern konnten. Daher war<br />

es zum Beispiel möglich, sich gegen den Zahlungsausfall eines Unternehmens zu versichern und durch<br />

Leerverkäufe, also dem Abschluss von Verträgen über Finanzprodukte oder Waren, die noch nicht in das<br />

Eigentum <strong>des</strong> Verkäufers übergegangen sind, zu versuchen, den Konkurs dieses Unternehmens herbeizuführen<br />

und die Versicherungssumme zu kassieren. Solche Strategien ermuntern zu risikoreichem Verhalten<br />

insbesondere dann, wenn die Versicherungsprämie gering, die vereinbarte Auszahlung im Schadensfall dagegen<br />

hoch ist. Die ursprüngliche Intention der Kreditversicherung, das Risiko besser zu verteilen, wurde also ins<br />

Gegenteil verkehrt.<br />

Einen weiteren Grund für die jüngste Finanzkrise stellt der zu ausgeprägte Investorenschutz in Form der<br />

beschränkten Haftung dar. Dabei haften Anleger bei einer Investition nur mit dem eingesetzten Kapital. Im<br />

schlimmsten Fall verlieren sie somit ihr investiertes Vermögen, müssen jedoch für keine weiteren Kosten<br />

aufkommen. Zwar ist eine derartige Haftungsbeschränkung grundsätzlich sinnvoll, um die Finanzierung<br />

riskanter Projekte, zum Beispiel von Innovationen oder Start-ups, zu ermöglichen. Es kann aber auch dazu<br />

verführen, ein übermäßiges Risiko einzugehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Haftungssumme der<br />

Eigentümer – das Eigenkapital – klein ist im Vergleich zum Umfang <strong>des</strong> Investitionsprojekts und die Differenz<br />

durch Fremdkapital finanziert wird. Die dadurch erreichte Hebelwirkung („leverage“) impliziert, dass die<br />

Eigentümer im Erfolgsfall eine extrem hohe Rendite auf das haftende Kapital erzielen, im Misserfolgsfall aber<br />

höchstens ihr Eigenkapital verlieren. Dadurch ist der Verlust begrenzt, der potenzielle Gewinn jedoch nicht. Eine<br />

solche Konstruktion lädt geradezu zu riskantem Verhalten ein.<br />

Ähnlich wirkt das Problem <strong>des</strong> „Too big to fail“. Aufgrund der Verflechtungen spielen einige große<br />

Marktteilnehmer eine systemrelevante Rolle innerhalb <strong>des</strong> Finanzsystems. Eine Insolvenz dieser Teilnehmer<br />

könnte das System zum Einsturz bringen. Da dies bekannt ist, gehen alle davon aus, dass der Staat im<br />

Zweifelsfall stützend eingreift, damit aber faktisch die Eigentümer vor einem Konkurs schützt. Dadurch sinkt<br />

das Risiko, dass die Eigentümer für Fehlinvestitionen haften müssten, und die Risikoneigung von Eigentümern<br />

verstärkt, zum Beispiel über Hebelgeschäfte.<br />

3.3.4 Welche Leitplanken den Finanzmärkten gesetzt werden müssen<br />

Es zeigt sich also, dass dem Finanzsystem in der Vergangenheit zu viel Spielraum gewährt wurde. Daher muss<br />

aus den Fehlern der Finanzkrise gelernt werden. Von besonderem Interesse ist, wie eine bessere Messung <strong>des</strong><br />

eingegangenen Risikos erfolgen kann und welche Regulierungsformen künftig anzustreben sind, um zu<br />

verhindern, dass die an den Finanzmärkten erzielten Gewinne privatisiert und die Verluste jedoch sozialisiert<br />

werden.<br />

Es gibt eine Reihe von Ansatzpunkten für eine bessere Regulierung, die in der Projektgruppe 4 weiter behandelt<br />

wurden. Ein Ansatz ist der Investorenschutz. Zwar ist aus den genannten Gründen eine Abschaffung der<br />

beschränkten Haftung kontraproduktiv, eine Reduzierung der Haftungsbeschränkungen erscheint jedoch<br />

notwendig. Dies sollte durch ein Heraufsetzen der Eigenkapitalanforderungen geschehen. Dies würde den<br />

Maximalverlust der Anleger erhöhen und den Hebeleffekt verringern. Dadurch würde der Druck auf das<br />

Management reduziert, eine bestimmte Eigenkapitalrendite erwirtschaften zu müssen, und der Umgang mit dem<br />

Risiko würde behutsamer und sorgfältiger vollzogen werden. Ebenso sollten Kreditversicherungen in der<br />

aktuellen Form beschränkt werden, um den Anreiz zu spekulativen Geschäften zu reduzieren.<br />

Ebenfalls sollten die regulatorischen Anforderungen an Ratingagenturen verschärft werden. Ratingagenturen,<br />

wie zum Beispiel Standard & Poor‘s, Moody’s oder Fitch Ratings, stufen Finanzmarktprodukte je nach<br />

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