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Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

Preis abgezogen. Kostet beispielsweise ein Laptop gegenüber der vorangegangenen Erhebung statt 500 Euro<br />

nun 550 Euro oder ein bestimmtes Auto statt 20.000 Euro nun 22.000 –Euro, würde dies ohne<br />

Qualitätsbereinigung als ein Preisanstieg von 10 Prozent erfasst. Laptop und Auto gingen dann mit lediglich<br />

500 Euro beziehungsweise 20.000 Euro in die Berechnung <strong>des</strong> realen BIP ein. Stellen die Statistikerinnen und<br />

Statistiker aber im Zuge der Qualitätsbereinigung fest, dass der Laptop wie das Auto auch zum Beispiel eine um<br />

10 Prozent höhere Ausstattung beziehungsweise „Qualität“ besitzen, gingen sie mit 550 Euro beziehungsweise<br />

22.000 Euro in das reale BIP ein. Die Qualitätsbereinigung steigert also das reale BIP. Es hängt aber von dem<br />

angewandten Verfahren ab, wie viel <strong>des</strong> jeweils festgestellten höheren Preises als reine Preissteigerung (=<br />

niedriger realer Beitrag <strong>des</strong> Gutes zum BIP) und wie viel als Folge von Ausstattungsveränderungen (= höherer<br />

realer Beitrag <strong>des</strong> Gutes zum BIP) erfasst wird. Das Statistische Bun<strong>des</strong>amt hat darauf hingewiesen, dass die in<br />

jüngster Zeit stärker eingesetzte hedonische Methode „in bestimmten Fällen zu stärkeren gemessenen<br />

Preisrückgängen und damit zu größeren Zuwächsen beim realen Bruttoinlandsprodukt [führt] als bei der<br />

Anwendung traditioneller Verfahren der Qualitätsbereinigung.“ 248<br />

Die Qualitätsbereinigung dient also dazu, bei der Berechnung <strong>des</strong> realen BIP reine Preisänderungen von jenen<br />

Preisänderungen rechnerisch zu trennen, die auf der qualitativen Veränderung bestimmter Eigenschaften<br />

beruhen. Hieraus kann allerdings nicht einfach geschlossen werden, dass ein festgestelltes Wachstum <strong>des</strong> realen<br />

BIP vor allem Qualitätssteigerungen abbildet, zumal eine Qualitätsbereinigung nur bei vergleichsweise wenigen<br />

Gütern stattfindet. Sowohl Quantitäts- wie Qualitätssteigerungen sind für die Höhe und das Wachstum <strong>des</strong><br />

realen BIP verantwortlich. Eine Zerlegung <strong>des</strong> Produktionsprozesses in quantitative und qualitative<br />

Komponenten ist nicht möglich. 249<br />

Dass die Anwendung von Qualitätsbereinigungsverfahren und in deren Folge ein festgestelltes höheres BIP<br />

nicht per se mit einer höheren Qualität <strong>des</strong> BIP verwechselt werden darf, macht folgen<strong>des</strong> Beispiel deutlich:<br />

Wird beispielsweise im Zuge der Qualitätsbereinigung festgestellt, dass sich der um 10 Prozent höhere Preis<br />

eines Autos durch den serienmäßigen Einbau einer Klimaanlage, einer Sitzheizung, eines Tempomaten oder<br />

einer Einparkhilfe ergibt, so bleibt hier unklar, inwieweit diese zusätzlichen Attribute eine höhere Qualität für<br />

die Käuferin oder den Käufer bedeuten. Obwohl sie oder er gar nicht die Wahl hatte und diese Zusatzpakete<br />

möglicherweise gar nicht oder allenfalls teilweise als Qualitätssteigerung sieht, geht das Auto mit einem<br />

höheren realen Wert in die BIP-Berechnung ein. Hinzu kommt ein weiteres grundlegen<strong>des</strong> Problem: Eine<br />

Verschlechterung der Produktqualität (zum Beispiel weniger haltbare Bauteile) oder sogar ein eingebauter<br />

geplanter Verschleiß werden durch die vorhandenen Bereinigungsverfahren gar nicht erfasst. Insofern mindern<br />

sie auch nicht den Wert <strong>des</strong> in das reale BIP eingehenden Gutes. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass<br />

aus der Anwendung von Qualitätsbereinigungsverfahren nicht der Fehlschluss gezogen werden darf, das<br />

Wachstum <strong>des</strong> BIP sei heute vor allem qualitativer statt quantitativer Natur.<br />

Gelegentlich wird in diesem Zusammenhang auch die Frage diskutiert, inwieweit das tatsächliche<br />

wirtschaftliche Wachstum von einer Steigerung <strong>des</strong> BIP unterschieden werden muss, das sich als Folge hoher<br />

Vermögenspreissteigerungen vor allem im Immobilien- und im Wertpapiersektor ergibt („Kapitalmarktblase“).<br />

Da es sich beim BIP aber nicht um eine Bestandsgröße, wie etwa das Anlagevermögen, sondern um eine<br />

Stromgröße handelt, spielen Preissteigerungen bei Immobilien und Wertpapieren unmittelbar keine Rolle für die<br />

Höhe <strong>des</strong> BIP. Im BIP werden wie bereits dargestellt nur Werte erfasst, die in einem Zeitraum jeweils neu<br />

produziert werden (sozusagen „strömen“). Hiermit ist freilich auch verbunden, dass negative Veränderungen im<br />

gesamtgesellschaftlichen Vermögen nicht erfasst werden (etwa Gebäude- und Materialschäden durch<br />

Luftverschmutzung; Vermögensverluste durch immissionsbedingte Schädigung der Natur, Naturverluste unter<br />

anderem durch Artensterben und Wohlfahrtsverluste etwa durch den sinkenden Erholungswert der Umwelt).<br />

Wenn sich Preisblasen bei Immobilien und Wertpapieren auch nicht unmittelbar im BIP niederschlagen, gibt es<br />

gleichwohl mittelbare Wirkungen auf das BIP. In der Vergangenheit war etwa zu beobachten, dass hohe<br />

Preissteigerungen im Immobiliensektor zu einer vermehrten Bautätigkeit geführt haben, die auf einer sich<br />

248<br />

Lint; Eckert (2002): 858.<br />

249<br />

In einer E-Mail an die Enquete-Kommission vom 20. Juni 2012 bestätigt das Statistische Bun<strong>des</strong>amt diese<br />

Einschätzung: „Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ermitteln das Bruttoinlandsprodukt als Ergebnis<br />

<strong>des</strong> Produktionsprozesses und <strong>des</strong>sen Veränderung im Zeitverlauf. Es gibt darüber hinaus auch Informationen<br />

über den Einsatz der Produktionsfaktoren (zum Beispiel Erwerbstätige beziehungsweise Arbeitsstunden sowie<br />

den Kapitalstock) und daraus abgeleitet partielle Produktivitäten. Allerdings ist eine Zerlegung <strong>des</strong><br />

Produktionsprozesses auf die […] angesprochenen Kategorien meines Erachtens nicht machbar, also<br />

insbesondere die Unterscheidung zwischen gesteigerter Qualität, zunehmender Produktvielfalt und ‚immer mehr<br />

vom Gleichen‘.“<br />

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