Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

WIE ÜBLICH TRIUMPHIERTE SIE über alle andern, und
ihre Leistung wird zu Recht bewundert. Während den ersten
zwei Dritteln des Films gab sie Ilsa eine ausserordentliche Ruhe,
wodurch deren romantische Zurückhaltung ihre Prägnanz
und Reife erhält. "Casablanca" enthält ausserordentlich zahlreiche
und lange Nahaufnahmen auf Ingrid, die aber dem
Fortgang der Handlung oder der emotionalen Energie des
Films keinen Abbruch tun. Ihr Freund, die Kamera (wie sie zu
sagen pflegte), erfasste jede Nuance, und im Gegensatz zu
vielen andern Darstellern schuf diese Schauspielerin den Eindruck
von Gefühlsverwirrungen im emotionalen Netzwerk, wie
sie das Innenleben eines jeden erwachsenen Menschen beeinflussen.
Im letzten Drittel des Films dann gab sie Ilsa jene höhere,
verdünnte Leidenschaft, die sich den Weg durch die
Konfusion bahnte. In der Szene, in welcher sie versucht, Bogart
Transitbriefe zu entlocken, um mit Henreid Casablanca
verlassen zu können, fixierte Curtiz die Kamera praktisch ausschliesslich
auf Ingrid, die die richtigen Pausen und das wechselweise
Zittern vor Aufregung beherrschte, womit sie die Gefühlsskala
ihrer Figur im emotionalen Spannungsfeld zwischen
Drohungen und einer Liebeserklärung fühlbar werden liess.
Ilsa (Bergman): Das ist reines Selbstmitleid, oder etwa
nicht? Da steht so viel auf dem Spiel und
du denkst an nichts anderes als an deine
Gefühle. Eine Frau verletzt dich. Und du
nimmst Rache an der ganzen Welt. Du bist
ein – ein Feigling, ein Weichling!
(Sie meint das im Grunde nicht ernst, ihre Augen füllen sich
mit Tränen).
Nein, nein Richard – es tut mir Leid, es tut
mir Leid – aber du bist unsere letzte Hoffnung
(ihre Stimme verkommt zum Geflüster).
Wenn du uns nicht hilfst, wird Victor
Laszlo in Casablanca sterben.
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