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Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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Jahrzehnte später entstand über diesen Film ein etwas<br />

einfältiger Sn<strong>ob</strong>ismus, vielleicht weil anfangs der 1960er-Jahre<br />

alle insti<strong>tu</strong>tionell religiösen Männer und Frauen zu Figuren<br />

wurden, die nur noch <strong>als</strong> Konversations-Zielscheiben dienten.<br />

Ausserdem wurde die Nonnen-Garder<strong>ob</strong>e (ebenfalls in den<br />

60er-Jahren) der Arbeit in der modernen Welt angepasst, sodass<br />

Figuren aus früheren Filmen in ihren alten, traditionellen<br />

Ordensgewändern <strong>als</strong> komischer Anachronismus empfunden<br />

wurden.<br />

Hollywood tat sich mit der Keuschheit ebenso schwer,<br />

wie mit der Sünde: so entstand das Bild jener süss-dürren,<br />

geschlechtslosen Jungfern, die nur gelegentlich in den 40er<br />

und 50er-Jahren in Erscheinung traten. Aber die von McCarey<br />

und <strong>Bergman</strong> geschaffene Nonne – keine geschrumpfte Jungfer,<br />

sondern eine klarsichtige, Ruhe verströmende Schönheit<br />

voll innerer Weisheit und einem Geist der echten Selbstaufopferung<br />

– bleibt eine Ausnahme von alledem, speziell im Vergleich<br />

zu den vielen später entstandenen Film- und Fernseh-<br />

Clichés. Die Nonnen-Portraits, die auch nach <strong>Ingrid</strong>s ungewöhnlicher<br />

Schwester Benedict entstanden, waren in der grossen<br />

Mehrheit derart in Honig getaucht, dass sie zu hoffnungslos<br />

vergoldeten Karika<strong>tu</strong>ren reifer Frauen, zu einfältigen Beispielen<br />

von in einer anhaltenden Vorpubertät gefangenen Mädchen<br />

wurden.*)<br />

Demgegenüber sind die klerikalen und religiösen Figuren<br />

in "The Bells of St-Mary’s" mit wenigen Clichés belastet,<br />

und <strong>Ingrid</strong> war so urmenschlich, so natürlich in ihrer Rolle,<br />

*) Die wenigen Ausnahmen in der Filmgeschichte waren immerhin<br />

bemerkenswert: Deborah Kerr in "Black Narcissus" (1946)<br />

und "Heaven Knows, Mr. Allyson" (1957); Audrey Hepburn in<br />

"The Nuns Story" (1959) und Susan Sarandon in "Dead Man<br />

Walking" (1995). Vielleicht das haarsträubendste Beispiel der<br />

süssen kleinen Schwester war in der Fernsehserie "The Flying<br />

Nun" zu sehen, wo die geschmeidige junge Sally Field nichts<br />

anderes darstellte, <strong>als</strong> Gidget mit einem aerodynamisch bemerkenswerten<br />

Kopfschmuck.<br />

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