Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

INGRID KEHRTE NACH PARIS ZURÜCK, wo Lars sie erwartete.
Sie schilderte lebhaft den derzeitigen Stand im neuen
Hollywood, wo das traditionelle Studio-System und die Langzeitverträge
durch ein seelenloses, jugendorientiertes und jugendkontrolliertes
Geschäftsgebaren ersetzt wurden. Technisch,
sagte sie, hätte Amerika die weltweit allerbesten Voraussetzungen,
aber diese würden für einige der dümmsten,
hirnlosesten Geschichten eingesetzt, die man sich vorstellen
könne. "Casablanca", gewiss nicht ihr Lieblingsfilm, hätte 1970
niemals hergestellt werden können, sagte sie, und sie hatte
Recht damit: es gab darin keinen augenfälligen Sex, keine
sichtbare Gewalt, keine Auto-Hetzjagden und keinen Rock-
Soundtrack. Und "Notorious"? Hitch hätte eine derart subtile
und ausgereifte Idee dieser wilden neuen Welt nie verkaufen
können.
Aber es war nicht nur ihr Berufsumfeld, das sich verändert
hatte, wie Ingrid am Abend ihrer Ankunft erfahren sollte.
Auch ihr Leben veränderte sich schnell. So schonend wie möglich
erklärte ihr Lars, dass er sich in eine junge Frau namens
Kristina Belfrage verliebt habe, die in Paris lebte und arbeitete.
Ihre Beziehung sei ernsthafter und für ihn wichtiger geworden,
als er ursprünglich erwartet habe. Zwanzig Jahre seien nun
seit dem Tod seines Kindes verstrichen und sein Wunsch nach
einem weiteren Kind sei intensiv und dauerhaft.
Ingrid nahm die Neuigkeit nicht ruhig auf. Sie wusste,
dass sie eine Frau in Abwesenheit war und dass dies eine solche
Entwicklung vielleicht unausweichlich machte. Sie besprachen
die Scheidung, aber keiner von ihnen wäre dazu bereit
gewesen. Plötzlich hatte Ingrid den Eindruck, dass sich hier
das Ende ihrer Ehe mit Roberto wiederhole und dass Kristina
die neue Sonali Das Gupta war. Sollte ihr ganzes Leben eine
einzige Sühne für 1949 sein?
Ingrid gab der Ehe eine letzte, lange Chance, und während
Lars seine Zeit zwischen ihr und Kristina aufteilte, wartete
sie in Choisel buchstäblich Abend für Abend während acht Monaten
– bemüht, Scripts zu lesen, ihre Kinder und einige
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