Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ensmitteln und stachen ins Tyrrenische Meer. Nach vier
Stunden tauchte der schwarze Kegel von Strombolis zweitausend
Fuss hohem aktivem Vulkan aus seinem stinkenden
Rauch auf, und bald konnten sie die kahlen Hänge und die
gedrungenen, gekalkten Hütten der verarmten Bauern sehen,
die ihre Familien mit ihrem erbärmlichen Fischerdasein durchs
Leben brachten. Das Leben war primitiv, einsam und ohne
jeden modernen Komfort wie sanitäre Einrichtungen, Elektrizität,
Zeitungen oder Radio. "All das Gerede über Authentizität
ist ja nett", meckerte Harold Lewis, Howard Hughes' Produktionschef,
der als Troubleshooter herüberkam, "aber man kann
alles übertreiben." In der Tat. Stromboli hätte zu einer Strafkolonie
viel besser gepasst, als zu einer Filmcrew. Der Film
konnte nur gedreht werden, weil Roberto seinen eigenen Generator
mitgebracht hatte. Ingrid kurz danach: "Am liebsten
wäre ich geflohen wie die Filmheldin, nachdem sie das gesehen
hatte."
Die Geschichte, die Rossellini erzählen wollte, wurde
während seiner spontanen Filmerei mehr und mehr zu seiner
Interpretation von Ingrids Beziehung zu ihm. Sie war Karin,
ein Flüchtling, dessen einzige Hoffnung auf ein Entkommen
aus dem Gefängnis ihrer Vergangenheit ihr von einem Mann
geboten wurde, der sie nach Stromboli mitnahm, wo sie nach
anfänglichem Glück feststellen muss, dass sie einen fatalen
Fehler begangen hat und nun ausgegrenzter ist, als je zuvor.
"Ich bin ein zivilisierter Mensch", schreit Karin ihren Mann an
bevor sie in Tränen ausbricht. "Ich bin ein anderes Leben gewöhnt!"
(die Rolle ihres Manns wurde von Mario Vitale, einem
braungebrannten hübschen Fischer gespielt, den Roberto auf
dem Weg nach Stromboli von Salerno herübergebracht hatte).
Erst durch ihren Fluchtversuch und die anschliessende geheimnisvolle
Erleuchtung kann sie ihr Schicksal akzeptieren,
auf der Insel bei dem Mann zu bleiben, der sie befreit hatte.
INGRID WAR IN EINEM weissgetünchten Vierzimmer-
Rustico untergebracht, der vom Dorflehrer gemietet wurde.
393