Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

eine disziplinierte Seele, gewohnt, ihre Emotionen zu unterdrücken
und sie schien so vernünftig-pragmatisch zu sein, wie ihr
Gatte lyrisch-romantisch. Als Justus wochenlang an einem
Herzproblem litt, gestattete sich seine Frau weder Selbstmitleid
noch jedwelche sonstigen Klagen. Immer pflichtbewusst,
erfüllte sie all' die Aufgaben, für die sie von ihrer Mutter erzogen
wurde. Frieda führte einen makellosen Haushalt, führte die
Haushaltkasse und als erstklassige Köchin, die sie war, versorgte
sie Justus und sich mit reichhaltiger und deftiger deutscher
Küche. Während Justus ein seiner Einmeterneunzig-
Statur angemessenes Gewicht hielt, verlor sie an Gewicht. Ihre
gelegentlichen Magenschmerzen schienen die logische Folge
kulinarischer Zügellosigkeiten zu sein und verlangten während
den folgenden Tagen ein spartanischeres Regime.
Als Ingrid geboren wurde, hatte Justus Bergman es bereits
geschafft, am Strandvägen sein eigenes Fotogeschäft zu
führen – und Kameras waren nun im filmverrückten Stockholm
der Renner. Auch die etwas teureren Filmkameras, nun auch
für den Amateur erschwinglich geworden, waren auf dem
Markt, und Justus, der ein neues Modell nach dem andern
nachhause mitnahm, füllte leidenschaftlich Albums mit Fotos
und Filmdosen mit endlosen Filmen von seiner Frau, seinen
Brüdern und Schwestern, wie auch mit dokumentarischen Hafenmotiven.
Immer professionellere Ausrüstungen wurden den
Bergmans zugänglich, als Papa Direktor von Konstindustri,
einer Produktionsfirma für technische Ausrüstungen für Kunst,
Fotografen und die Filmindustrie wurde. "Wir waren nicht reich,
aber wir lebten komfortabel" sagte Ingrid Jahre später, und
Vater habe es sich leisten können, auch seinen Hobbies zu frönen:
so belastete das Opern-Saisonabonnement für sich und
seine Frau das Budget nicht mehr als die neueste Kamera.
Später umgab sich Ingrid stets mit eingerahmten Fotografien
von sich selbst und ihrer Familie. Nach Jahren fand sie
auch jene vierzehn Minuten Heimkino, das einzige Stück, das
den schnellen Zerfall überlebt hatte, dem die frühen Filmqualitäten
jener Zeit ausgeliefert waren. In der ganzen Sammlung
ist niemand so häufig zu sehen, wie das Kind Ingrid, das sich
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