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Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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Bauwerke galt, in welchen das Drama gefeiert wurde. Papa<br />

und Greta machten sie auf den grossen äusseren Marmortreppenaufgang<br />

aufmerksam, auf die allegorischen Figuren der<br />

Kunst, auf die Dionysos-Friese und die Commedia dell’arte, die<br />

Sta<strong>tu</strong>en der Tragödie und der Komödie. Von ihrem Fenster aus<br />

konnte <strong>Ingrid</strong> Saison um Saison zusehen, wie festlich gekleidete<br />

Damen und Herren zu den Premieren eintrafen. Jetzt betrat<br />

sie selbst erstm<strong>als</strong> das Gebäude, Blick nach <strong>ob</strong>en zu Carl Larssons<br />

Deckengemälde "Die Geburt des Dramas", einem Jugendstil-Meisterwerk,<br />

auf dem ein von einem dünnen Schleier bedecktes<br />

Mädchen von einer männlichen Figur mit dem Lorbeerkranz<br />

gekrönt wird – klar der kritische Geist, der in seiner andern<br />

Hand die gegenteilige Belohnung, das mörderische<br />

Schwert trägt.<br />

Dieser Herbstabend war bestimmend für <strong>Ingrid</strong>s weiteres<br />

Leben. Das Stück hiess "Der Pöbel" von Hjalmar <strong>Bergman</strong><br />

(der weder mit ihrer noch mit Pastor <strong>Bergman</strong>s Familie verwandt<br />

ist), einem zeitgenössischen Romanschriftsteller und<br />

Bühnenautor, bestens bekannt für die Darstellung der bittersten<br />

Abgründe des menschlichen Daseins, worum es auch in<br />

diesem Stück ging. Die Geschichte, die von einer notleidenden<br />

Familie handelte, die auf die Hilfe eines reichen jüdischen Verwandten<br />

angewiesen war, wurde <strong>als</strong> Komödie betitelt, aber die<br />

Handlung um Korruption und Heuchelei bot wenig Anlass zum<br />

Lachen. Aber was immer der Inhalt (oder der trendige antisemitische<br />

Unterton), die elfjährige <strong>Ingrid</strong> hatte das Theater entdeckt.<br />

"Ich traute meinen Augen nicht. Erwachsene Leute taten<br />

auf dieser Bühne genau das, was ich zuhause zu<br />

meinem eigenen Vergnügen tat. Und die wurden dafür<br />

bezahlt! Die lebten sogar davon! Ich konnte einfach<br />

nicht verstehen, wie diese Schauspieler dasselbe machten<br />

wie ich, eine Fantasiewelt erfinden, <strong>tu</strong>n <strong>als</strong> <strong>ob</strong> und<br />

das Arbeit nennen! Bei der ersten Gelegenheit drehte<br />

ich mich zu meinem Vater und sagte ihm in meiner Aufregung,<br />

was vermutlich das ganze Theater mithörte:<br />

"Papa, Papa, DAS ist es, was ich <strong>tu</strong>n werde!"<br />

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