Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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WIE DIE EU DIE<br />
NATUR SCHÜTZT<br />
Grenzwert, muss der Hersteller nur 950 Euro Strafe zahlen, sprich das<br />
Auto wird 950 Euro teurer. 124<br />
Dass die Strafen nicht als Prozentanteil (X % des Verkaufspreises) berechnet<br />
werden, sondern als fixe Geldsumme (X Euro), begünstigt die<br />
Hersteller besonders großer und teurer Autos – mithin wiederum die<br />
Deutschen. Ein Beispiel: Im Jahr 2007 lag der Durchschnittserlös beim<br />
italienischen Hersteller Fiat bei etwa 13 000 Euro Euro je Fahrzeug, bei<br />
Mercedes dagegen bei rund 40 500 Euro. Übersteigt im Jahr 2015 der<br />
CO2-Ausstoß des Autos den EU-Grenzwert um 10 Gramm, so werden<br />
950 Euro Strafe fällig. Beim Fiat entspräche dies einer Verteuerung von<br />
7,3 %, beim Mercedes dagegen nur von 2,3 %. »Gerade bei teuren Autos<br />
dürfte der Preisaufschlag, der aus einem überhöhten Grenzwert resultiert,<br />
zu gering sein, um die Mehrheit der Kunden vom Kauf des jeweiligen<br />
Fahrzeugs abzuhalten« (Heymann 2009, 5).<br />
Der EU-Beschluss ist ein typisches Beispiel für die Klimaschutzbemühungen<br />
Europas: Einerseits wird tatsächlich ein Grenzwert für CO2-<br />
Emissionen eingeführt, und die Unternehmen werden zur Entwicklung<br />
sauberer Wagen animiert; 125 andererseits ist der Grenzwert so gesetzt,<br />
dass die Kosten der Emissionssenkung für die Unternehmen »nicht<br />
prohibitiv hoch« sind (Heymann 2009, 7).<br />
Und schließlich sieht der Beschluss viele Schlupflöcher (»Ökoinnovationen«<br />
etc.) vor. Nutzt ein Unternehmen alle diese Schlupflöcher aus, so<br />
liegt der reale Grenzwert im Jahr 2015 nicht bei 130 g/km, sondern bei<br />
139 g/km (Berliner Zeitung 3. 12. 2008) und damit deutlich über dem<br />
ursprünglich von der EU anvisierten Ziel von 130 g/km im Jahr 2012.<br />
124 Ob Strafzahlung oder erhöhte Kosten durch die Entwicklung effizienterer Motoren –<br />
es gilt als sicher, dass die Konzerne die Strafzahlungen auf den Preis aufschlagen, damit<br />
so »die Konsumenten die mit der CO2-Reduktion verbundenen Kosten (z.T.) tragen«<br />
(M.M. Warburg).<br />
125 Zwang wäre hier wohl erfolgreicher: So ließe sich wesentlich mehr CO2 zum Beispiel<br />
mit einer Begrenzung der Motorenleistung erreichen. Denn heute sind »die meisten<br />
deutschen Wagen übermotorisiert. Ein Auto braucht für eine gleichbleibende Geschwindigkeit<br />
von 100 Stundenkilometern eigentlich nur eine Antriebsleistung von<br />
20 PS. Wenn man das machen würde, würde man gigantisch CO2 einsparen«, so<br />
Wolfgang Meinig, Leiter der Forschungsstelle Automobilwirtschaft an der Universität<br />
Bamberg (Reuters 26. 6. 2008). Ein Tempolimit 120 auf Autobahnen würde nach Darstellung<br />
des Umweltbundesamts ohne Investitionskosten bereits eine Verringerung<br />
um 2,2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr bringen.<br />
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