Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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ten ›freien‹ Vorkommen an fossilen Energieträgern verfügen, erweisen<br />
sich häufig als besonders risikobeladen. Als mögliche Folge drohen<br />
Engpässe bis hin zu kompletten Ausfällen bei Energielieferungen nach<br />
Deutschland« (Tänzler u. a. 2007, XII). Das Problem wird sich verschärfen:<br />
Wegen der Abnahme der Vorkommen fossiler Energieträger in den<br />
USA und Westeuropa wird sich die Bedeutung des Nahen Ostens und<br />
Russlands als Lieferanten in Zukunft weiter erhöhen. So betrug beim Öl<br />
Ende 2007 die statistische Reichweite 47 der US-Vorkommen 11,7 Jahre,<br />
in Kanada waren es knapp 23 Jahre, in der EU 7,8 Jahre. Demgegenüber<br />
stehen die rohstoffreichen Länder mit Reichweiten wie in Russland (22<br />
Jahre), Libyen (61 Jahre), Saudi-Arabien (70 Jahre), Iran (86 Jahre) oder<br />
Venezuela (91 Jahre). Insgesamt kommt die OPEC auf eine Reichweite<br />
von knapp 73 Jahren, die OECD-Länder dagegen nur auf 13 Jahre. Insbesondere<br />
in Europa nehmen die Vorkommen an fossilen Energieträgern<br />
ab: Norwegens Förderung nimmt ab, die Niederlande werden in 20 Jahren<br />
kein Erdgas mehr nach Deutschland liefern können, Großbritannien<br />
befindet sich auf dem Weg vom Öl- und Gasexporteur zum -importeur,<br />
was die Nachfrage weiter anheizt (Tänzler u. a. 2007, 29).<br />
Damit sehen sich die Industriestaaten in einer zunehmenden Abhängigkeit<br />
von den Regierungen der Lieferländer. Abhängig sind<br />
sie erstens von den Investitionsentscheidungen dieser Regierung hinsichtlich<br />
ihres Energiesektors bzw. von den politischen Rahmenbedingungen<br />
für Investitionen der Energiekonzerne. Zweitens sind sie abhängig<br />
von der Preisgestaltung in den Lieferländern. »Wer sich von einem<br />
Lieferanten abhängig macht, kann sich gegen dessen Preisgestaltung<br />
nicht wehren«, sagte 2008 Bundeswirtschaftsminister Michael Glos<br />
(Handelsblatt 15. 8. 2008).<br />
Zudem besteht in diesem Zusammenhang zumindest theoretisch die<br />
Gefahr, dass die Lieferländer die Energielieferungen als politischen Hebel<br />
gebrauchen, um ihre Interessen gegenüber ihren Kunden durchzusetzen.<br />
48 Als bedenklich wird in diesem Zusammenhang gesehen, dass<br />
die Regierungen Öl- und Gas fördernder Staaten sich in der Vergangen-<br />
47 Die statistische Reichweite ergibt sich, indem man die nachgewiesenen Reserven durch<br />
die Produktionsmenge eines Jahres teilt. Sie gibt an, wie viele Jahre die Vorkommen bei<br />
konstant gehaltener Produktion noch reichen.<br />
48 Hierbei ist anzumerken, dass Industriestaaten den Einsatz von ökonomischem Druck<br />
(von der Zurückhaltung von Exportkrediten, Entwicklungshilfe oder privaten Auslandsinvestitionen<br />
über Außenhandelsbeschränkungen bis zum Wirtschaftsembargo) zur<br />
Erreichung ihrer politischen Ziele als selbstverständliches Mittel betrachten.<br />
54<br />
RESSOURCEN ALS<br />
POLITISCHER HEBEL