Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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Doch Plädoyers für einen grünen <strong>Kapitalismus</strong> gehen weit über die in<br />
vielen politischen Systemen immer noch recht marginalen grünen Parteien<br />
hinaus. Um hier nur ein paar Beispiele zu nennen: Achim Steiner<br />
(2009), Leiter des Umweltprogramms der UN (UNEP), ruft immer lauter<br />
nach einem Green New Deal (GND), einem neuen »grünen Gesellschaftsvertrag«,<br />
und sagt voraus, dass die neue, grüne Wirtschaft einen<br />
neuen Wachstumsmotor darstellen würde, der die Welt wieder auf den<br />
Pfad zum Wohlstand setzen würde. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon<br />
und Weltenretter Al Gore argumentieren, dass »wir es zu unserem Mantra<br />
machen müssen, ›grün‹ zu wachsen« (FT 17. 2. 2009). Für den (neuerdings<br />
grün gewendeten) ultraliberalen New York Times Kolumnisten<br />
Thomas Friedman (2008, 6) steht fest, dass »die Aufgabe, neue Werkzeuge,<br />
Systeme, Energiequellen und eine neue Ethik zu erschaffen, die<br />
es dem Planeten [sic!] erlauben werden, auf eine sauberere, nachhaltigere<br />
Art und Weise zu wachsen, wird die bedeutendste Herausforderung<br />
unseres Lebens sein« (vgl. zur Kritik Wallis in diesem Band).<br />
Auch jenseits von Zitaten der Großen und Mächtigen, die leicht als<br />
ideologische Spiegelfechterei abgetan werden könnten, tut sich etwas –<br />
wenngleich mitnichten so viel, wie sich die BefürworterInnen einer grünen<br />
Marktwirtschaft oder gar eines GND wünschen würden. Da wären<br />
die »grünen Konjunkturprogramme«, oder genauer gesagt, die mehr<br />
oder minder grünen Aspekte der verschiedenen momentan diskutierten<br />
oder schon verabschiedeten Programme: vom bundesdeutschen Paket,<br />
dass relativ armselige 10 % in ›grüne‹ Sektoren investiert, bis hin zum<br />
südkoreanischen, bei dem diese Zahl 80 % beträgt (FT 2. 3. 2009). Hier<br />
besteht die Hoffnung, dass der Staat mithilfe einer interventionistischen<br />
Politik, ganz im Sinne Keynes, die Überakkumulationskrise lösen kann,<br />
indem zum Beispiel massiv in die ökologische Renovierung sowohl der<br />
privaten als auch der öffentlichen Infrastruktur investiert wird oder in<br />
die angeblich ökologische Konversion der Autoindustrie (obwohl es am<br />
Ende doch wieder nur um Individualverkehr gehen wird). Ein grün-kapitalistischer<br />
Staat würde also in seiner Funktion als »ideeller Gesamtkapitalist«<br />
folgende Funktionen übernehmen müssen: erstens, eine industriepolitische<br />
Entscheidung treffen, »grüne« Sektoren zu unterstützen;<br />
zweitens, durch massive Investitionen in diese Sektoren die für einzelne<br />
Kapitalisten exzessiven Kosten, zum Beispiel für Forschung und<br />
Entwicklung, übernehmen, welche eine »dritte industrielle Revoluti-<br />
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