Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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union sichtbar war, also die sozialen Kämpfe scheinbar zu jeder Zeit in<br />
eine Situation münden konnten, in der das gesamte kapitalistische System<br />
in Gefahr geriete (Negri 1988, 18 f).<br />
Während die Green New Deal Group (2008, 12) zu glauben scheint, dass<br />
der Ökonom John Maynard Keynes das »Genie hinter der radikalen Umstrukturierung<br />
der Gesellschaft« durch den New Deal war, so war es in<br />
Wahrheit die Macht der Arbeiterklasse, zum Beispiel an den Fließbändern<br />
der Ford Motor Company, welche in bestimmten Sektoren und Gegenden<br />
höhere Löhne erkämpfte. Dies wiederum zwang Ford und andere<br />
Industriemagnate, Druck auf Präsident Roosevelt auszuüben, diese<br />
hohen Lohnabschlüsse zu verallgemeinern, da sie sonst deswegen auf<br />
dem Markt benachteiligt würden (Rupert 1995).<br />
Keynes veröffentlichte sein Hauptwerk, die General Theory, erst 1936,<br />
als die US-Arbeiterklasse schon genügend Druck auf Kapitale und Regierungen<br />
ausgeübt hatte, um die Hochlohnpolitik durchzusetzen, für<br />
die Keynes nur die intellektuelle Untermauerung zur Verfügung stellte.<br />
Das für ihn zentrale »Prinzip der effektiven Nachfrage« (Keynes 1936)<br />
ist tatsächlich vor allem eine Chiffre für die Fähigkeit der Arbeiter (von<br />
einer systemischen Perspektive aus betrachtet), ausreichend hohe Löhne<br />
zu erkämpfen, um damit das damals existierende massive Überangebot<br />
an industriellen Produkten zu konsumieren. Dieses Überangebot<br />
war ein Resultat der Verallgemeinerung tayloristischer und fordistischer<br />
Produktionstechniken in den 1920er Jahren, die zuerst nicht von entsprechenden<br />
Lohnerhöhungen flankiert wurden – damals, ähnlich wie<br />
heute, ein Hauptgrund der darauf folgenden Weltwirtschaftkrise. 148<br />
Denn: Wie schon oben argumentiert, ist die Durchschlagskraft der globalen<br />
Arbeiterklasse in den letzten 30 Jahren wegen immer niedrigerer<br />
gewerkschaftlicher Organisierungsgrade und der Transnationalisierung<br />
von Produktionsketten deutlich gesunken, weshalb auch die Lohnquote<br />
immer weiter gesunken ist. Es gibt keine Gründe für die Annahme,<br />
dass sich dies bald ändern wird. Welche Schlussfolgerungen können wir<br />
daraus über den kommenden »neuen grünen Keynesianismus« ziehen?<br />
Vor allem, dass dieser vermutlich weniger ein im traditionellem Sinne<br />
sozialdemokratischer Wohlfahrtsstaat werden wird, sondern sich eher<br />
mit dem amerikanischen Begriff corporate welfare state, also Wohlfahrts-<br />
148 Zur Entstehung des Fordismus und Amerikanismus vgl. bereits die Aufzeichnung<br />
Antonio Gramscis aus den 1930er Jahren in den Gefängnisheften (v. a. Bd. 9, 1991 ff.).<br />
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