Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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men zwischen Kapital und Arbeit (stabilisiert durch eine aktive Lohnpolitik<br />
des Staates) verhandelt werden könnten. Mit anderen Worten:<br />
Der Klassenantagonismus sollte nicht aufgelöst werden, sondern in der<br />
Form ökonomistischer Forderungen nach höheren Löhnen – die wiederum<br />
Ausdruck der relativen, wenn auch domestizierten, Stärke der<br />
organisierten Arbeiterklasse waren – zum »entscheidenden Element<br />
und zur Motivkraft« des neuen kapitalistischen Entwicklungsmodells<br />
gemacht werden: »Man sieht, dass an diesem Punkt die Dynamik des<br />
Kapitals ausschließlich aus einem dauernden Kampf erwächst, in welchem<br />
der Druck der Arbeiterklasse akzeptiert wird, und neue Waffen geschmiedet<br />
werden, um zu verhindern, dass die Klasse außerhalb des Kapitals<br />
agiert« (Negri 1988, 28 f). Die Lohnkämpfe wurden also zur Triebkraft<br />
kapitalistischer Entwicklung, weil sie, einerseits, Massenkaufkraft<br />
schufen, die zum Ende der Überakkumulationskrise beitrug; andererseits,<br />
weil höhere Löhne Unternehmen dazu zwangen, über effizientere<br />
Produktion und nicht durch Lohnkürzungen ihre Profitraten zu erhöhen.<br />
Gleichzeitig wurde diesen Kämpfen im Fordismus-Keynesianismus<br />
der systemkritische Stachel gezogen, indem die Gewerkschaften<br />
gespalten, entpolitisiert und in das politisch-administrative System internalisiert<br />
wurden (Rupert 1995, 91 f).<br />
Der Kern des New Deals bestand also in seiner herrschaftsförmigen Internalisierung<br />
des Klassenantagonismus' zwischen Arbeit und Kapital, die<br />
wiederum zur Basis dessen wurde, was später oft als das »goldene Zeitalter«<br />
des Kapitals bezeichnet werden würde.<br />
Anders ausgedrückt: Was zuvor als Grenze der kapitalistischen Expansionsdynamik<br />
erschien, als Grenze des Wachstums, nämlich die politischen<br />
Kämpfe der Arbeiterklasse, wurde nun zur Triebkraft des Systems,<br />
das sie »eigentlich« (zumindest in einer vulgär-marxistischen<br />
Lesart) begrenzen sollten. Und hier kehren wir nun, nach diesem Ausflug<br />
in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts, zur Biokrise, ihrem Verhältnis<br />
zur organischen Krise des gegenwärtigen <strong>Kapitalismus</strong> und der<br />
Möglichkeit eines »grünen <strong>Kapitalismus</strong>« zurück. Die Biokrise ist das<br />
Resultat eines Antagonismus, der ebenso unauflöslich ist wie der Klassenantagonismus<br />
zwischen dem kapitalistischen Zwang zur ewigen,<br />
grenzenlosen Akkumulation und unserem kollektiven Überleben in einer<br />
begrenzten Biosphäre – zwischen unendlichem Wachstum und unserer<br />
Existenz auf einem endlichen Planeten. Dieser Antagonismus wie-<br />
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