Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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In den folgenden Abschnitten werden wir zeigen, dass der GND, auch in<br />
seiner progressiven Formulierung durch die GNDG, die zwei zentralen<br />
Antagonismen kapitalistischer Gesellschaftlichkeit ignoriert: erstens die<br />
Frage des unendlichen ökonomischen Wachstums auf einem räumlich<br />
und materiell begrenzten Planeten, also den Antagonismus, der hinter<br />
der Biokrise steckt; und zweitens die Frage des Klassenkampfes, also des<br />
konflikthaften Verhältnisses von Arbeit und Kapital.<br />
Der Grund für diese Auslassungen von offizieller Seite ist offensichtlich:<br />
Vor allem grüne Parteien versuchen derzeit, den GND als eine politische<br />
win-win-Situation zu konstruieren. Auf einer im Sommer 2009 von der<br />
Heinrich Böll <strong>Stiftung</strong> in Berlin veranstalteten Konferenz zum Thema<br />
»Transatlantischer Green New Deal« saßen VertreterInnen der <strong>Grünen</strong><br />
(in Personalunion Staat und »die Umwelt« symbolisierend) harmonisch<br />
neben der IG Metall und Gesamtmetall, der Deutschen Bank und US-<br />
Gewerkschaften, und alle zusammen waren plötzlich grün geworden. Es<br />
blieb dem Vertreter von Gesamtmetall überlassen, darauf hinzuweisen,<br />
dass man es mit den Arbeitsrechten auch im GND nicht übertreiben<br />
sollte, aber das ging im allgemeinen Harmoniegesäusel eher unter.<br />
Wenn aber nicht alles harmonisch zugeht, zugehen kann, dann müssen<br />
wir über Antagonismus, Konflikt, und soziale Kräfteverhältnisse nachdenken.<br />
Denn traditionellerweise verursacht die Bearbeitung sozialer<br />
Antagonismen durchaus Kosten, die dann auch getragen werden müssen<br />
– und meistens werden sie von denen getragen, die sie nicht auf andere<br />
abwälzen können. So ist es denn auch nicht wirklich überraschend,<br />
dass durch die grün-rosa Brille des GND-Projektes der Fordismus als<br />
»goldenes Zeitalter ökonomischer Aktivität« beschrieben wird (GNDG<br />
2008, 13). Vergessen wird die dem fordistischen Projekt zugrunde liegende<br />
Ausbeutung des globalen Südens sowie unbezahlter weiblicher<br />
(Reproduktions-)Arbeit; vergessen der Taylorismus in den Fabriken;<br />
vergessen all das, was Ende der 1960er Jahre zu einer globalen Revolte<br />
führte, zur Dekolonisierung, zu »1968«, den sogenannte neuen sozialen<br />
Bewegungen, zu denen auch die Umweltbewegung gehörte. Lohnabhängige<br />
forderten höhere Löhne, und der Süden suchte nach eigenen<br />
Entwicklungswegen, in deren Zuge die Rohstoffpreise angehoben wurden.<br />
Neue sozialpolitische Forderungen wurden u. a. durch die Frauenbewegung<br />
artikuliert, was zu höheren Steuerquoten führte. Allein dieser<br />
Druck für ein Mehr an Sozialstaatlichkeit genügte letztlich, um das<br />
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