Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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tur hier bemerkenswert und folgenreich. Berechnungen wie der Stern-<br />
Report oder auch die Studie von Sukhdev zu den Kosten des Verlusts der<br />
Biodiversität 34 werden als Revolution in der Betrachtung der Ökofrage<br />
behandelt: »Jenseits aller Naturromantik« breche »ein neues Zeitalter<br />
des Naturschutzes an: Wälder, Kräuter und Korallenriffe erhalten erstmals<br />
einen Wert und werden damit schützenswert« (Spiegel 21/2008,<br />
134). Man beachte das »damit« in dem Zitat.<br />
Berichte wie die von Stern, Sukhdev oder dem DIW reduzieren den Wert<br />
der natürlichen Umwelt auf geldwerte Leistungen bzw. auf die Kosten,<br />
die der Gesellschaft durch Umweltzerstörung entstehen. Diese Kosten resultieren<br />
einerseits aus der klimainduzierten Schädigung von Mensch,<br />
Natur oder sozialen Systemen für das Wirtschaftswachstum; und andererseits<br />
aus den mit fortschreitendem Klimawandel steigenden Aufwendungen<br />
für die Erhaltung ihrer ökonomischen Nutzung. Das hat Folgen:<br />
— Ideologisch gilt Naturzerstörung damit nicht länger als logische<br />
Folge der kapitalistischen Produktion und Kalkulation, sondern als<br />
marktwirtschaftlich ineffizient. Unterstellt wird, <strong>Kapitalismus</strong> und Naturschutz<br />
bildeten ein harmonisches Ganzes und bedingten einander.<br />
— Praktisch bedeutet die Kapitalisierung der Umwelt: Natur und<br />
Mensch sind nur insofern schützenswert, als ihre Zerstörung Kosten<br />
verursacht, die dem Wirtschaftswachstum schaden. 35 Aus dieser ökonomischen<br />
Perspektive folgen drei Bedingungen, wann und inwiefern das<br />
Klima überhaupt geschützt wird:<br />
1. Die Reduktion des CO2-Ausstoßes ist erst dann rational, wenn<br />
die Kosten der globalen Erwärmung die Kosten des Klimaschutzes übersteigen.<br />
Geschützt wird per Emissionsminderung nicht mehr das Klima,<br />
sondern das Wirtschaftswachstum vor seinen eigenen Folgen.<br />
2. Grundsätzlich werden nur jene Teile der Natur geschützt, die<br />
verwertbar sind bzw. die für die Produktion unerlässlich sind und deren<br />
Schädigung daher Kosten verursacht. Welche Kosten für den Klimaschutz<br />
akzeptabel sind, hängt also vom Wert der durch den Klimawan-<br />
34 Der Deutsche-Bank-Manager Pavan Sukhdev kommt in seiner Studie zu dem Ergebnis,<br />
dass der Verlust der Biodiversität bis 2050 6 % des globalen BIP kostet, etwa 2 Billionen<br />
Euro (Sukhdev 2008).<br />
35 So gesehen muss man es als einen Glücksfall für die Opfer des Klimawandels betrachten,<br />
dass selbiger so teuer ausfällt – bzw. dass die Atmosphäre in einem Ausmaß gefährdet<br />
worden ist, dass die ökonomischen Kosten des Klimawandels die ökonomischen<br />
Kosten des Klimaschutzes übersteigen. Denn von dieser Rechnung hängt das<br />
Überleben von Tierarten, Ökosystemen und Millionen Menschen ab.<br />
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