Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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geben in der Nacht die aufgenommene Wärme weiter ab und halten so<br />
den Dampfstrom und die Energieerzeugung in Gang, bis die Sonne wieder<br />
aufgeht. Auf diese Weise kann ein Nutzungsgrad von fast 100 % erreicht<br />
werden.<br />
Technisch scheint das Projekt machbar, die CO2-Einsparungen wären<br />
riesig. Die Schwierigkeiten liegen woanders: Erstens ist es teuer, die notwendigen<br />
Investitionen in den Aufbau der Kraftwerke werden auf 365<br />
Milliarden Euro geschätzt. Erst wenn die solarthermischen Anlagen industriell<br />
gefertigt würden und große Kapazitäten installiert sind, würde<br />
sich das Projekt kapitalistisch rechnen. Derzeit liefern solarthermische<br />
Kraftwerke Strom noch für 15 bis 23 Cent pro Kilowattstunde, je nach<br />
Sonneneinstrahlung und technischer Ausgestaltung der Anlage. Erst<br />
mit der Verbilligung der Komponenten und einem Anstieg der Kosten<br />
für fossile Energieträger könnte die Solarthermie wettbewerbsfähig werden.<br />
2020, so schätzt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt<br />
(DLR), könnten die Kosten zur Produktion von solarthermischem Strom<br />
auf 6 Cent sinken und wären dann gegenüber herkömmlichen Stromerzeugungsmethoden<br />
konkurrenzfähig. Doch beinhaltet diese Prognose<br />
viele Unsicherheiten. 61 Ein noch wesentlich größeres wirtschaftliches<br />
Problem von Desertec ist jedoch nicht die Stromproduktion, sondern<br />
die Weiterleitung des Stroms. Nötig wäre ein umfassender Ausbau der<br />
europäischen Leitungsnetze, der rund 45 Milliarden Euro kosten soll.<br />
Dafür müssten die EU-Staaten jedoch ihre bislang noch auf die nationale<br />
Versorgung ausgerichteten Strukturen zu einer gesamteuropäischen<br />
Struktur umbauen.<br />
Neben den Kosten ist das Projekt zweitens auch aus politischen Gründen<br />
heikel (vgl. Werenfels/Westfal 2009). Denn die Staaten Nordafrikas<br />
und des Nahen Ostens sind politisch instabil. Zudem verfügen diese<br />
Länder über »ein enormes Druckmittel, sollte Europa tatsächlich zu einem<br />
Großteil aus der Wüste mit Strom versorgt werden« (Berliner Zeitung<br />
17. 6. 2009). Die Staaten Nordafrikas wollen die Kosten des Projekts<br />
gerne auf die Europäer abwälzen, die Europäer wiederum fürchten,<br />
dass die nordafrikanischen Staaten den Solarstrom selber verbrauchen<br />
könnten und ihn nicht nach Europa liefern. Um dies zu verhindern,<br />
könnten die EU-Staaten sich weitreichende Einspruchsrechte in den be-<br />
61 LBB Research Note: Desertec. Berlin 23. 9. 2009<br />
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