Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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falls in ihre Programmatik aufgenommen. Ein Karussell von Welt-Umweltkonferenzen<br />
und parallelen Protesten wurde in Bewegung gesetzt.<br />
Doch mit diesem bemerkenswerten Bewusstseinsfortschritt geht eine<br />
merkwürdige Entschärfung der brisanten Einsichten in die Gefährdung<br />
der Umwelt einher. Alle reden über Umwelt, aber nur marginal werden<br />
der profitdominierte Konkurrenzmechanismus, die Umwelt zerstörende<br />
Polarisierung zwischen Reichtum und Armut, patriarchale Geschlechterverhältnisse<br />
und der industrialistische Wachstumswahn in ihren<br />
Wechselwirkungen als Ursachen der Umweltgefahren erkannt. Der<br />
Klimawandel mit der drohenden Perspektive einer Klimakatastrophe<br />
»ist das erste wirklich globale menschengemachte Geschehen« (Welzer<br />
2008, 202). Alle Denkenden wissen um diese Bedrohung – »was aber<br />
andererseits niemand wirklich glaubt« (ebd., 30). Solche durch Verdrängung<br />
gespeiste Art Apokalypseblindheit (Günter Anders) hat zu der bedrückenden<br />
Situation geführt, dass in einem Gewirr von Klimadebatten,<br />
-reports, -verhandlungen und -vereinbarungen eine Konstante wirkt: das<br />
Festhalten aller Hauptakteure an genau jenem Wachstum, welches die<br />
Umwelt und vor allem das Klima zerstört. Das alarmierte Umweltbewusstsein<br />
hat ein Schwarzes Loch mit dem Namen Wachstum. Auf die<br />
Kluft zwischen dem Wissen um die kommenden existenziellen Gefahren<br />
und eine Art Schattenboxen im Welt-Klima-Ring trifft weiter Benjamins<br />
bekannte Anklage zu: »Die Idee des Fortschritts ist in der Idee der<br />
Katastrophe zu fundieren. Dass es ›so weiter‹ geht, ist die Katastrophe«<br />
(Benjamin 1984, 151).<br />
Stephan Kaufmann und Tadzio Müller haben die vorliegende Publikation<br />
als eine Art Aufkündigung mit diesem Gang der Dinge verfasst. Sie<br />
verweigern sich einer Klimadebatte, die dabei ist, ein neues Vehikel zu<br />
finden, mit dem das Wachstum weiter transportiert wird: den grünen<br />
<strong>Kapitalismus</strong>. Ihre klimapolitischen Überlegungen laufen auf eine andere<br />
Pointe hinaus.<br />
<br />
Im Titel des ersten Bandes in der Reihe einundzwanzig wurde danach gefragt,<br />
»wohin es geht, wenn es so weitergeht« (Klein 2008). Tadzio Müller<br />
und Stephan Kaufmann stellen sich dieser Frage auf einem Feld der<br />
Entscheidung über elementarste Überlebensbedingungen der Menschheit:<br />
Wohin führt die zunehmend im Rahmen von Green New Deal-Konzepten<br />
verfolgte vorherrschende Klimapolitik? Was sollten die Grundge-<br />
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