Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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»Aufheben hat in der Sprache den gedoppelten Sinn,<br />
dass es soviel als aufbewahren, erhalten bedeutet<br />
und zugleich soviel als aufhören lassen, ein Ende machen.«<br />
Georg Wilhelm Friedrich Hegel 1963, 124<br />
<br />
Seit über zwei Jahrhunderten feiert der <strong>Kapitalismus</strong> Triumphe des<br />
Wachstums, die den Reichtum anschwellen lassen wie in keiner Gesellschaft<br />
zuvor. In den Industrieländern konnte in den Kämpfen der Gewerkschaften,<br />
der Frauenbewegung und anderer sozialer Akteure für<br />
die Mehrheit der Bevölkerung ein früher undenkbarer Lebensstandard<br />
erreicht werden. Der Wissenszuwachs in der Medizin, verbesserte Gesundheitsversorgung<br />
und Ernährung, Wohnen etc. trugen dazu bei, früher<br />
tödliche Krankheiten zurückzudrängen, andere zu mildern und die<br />
Lebenserwartung bedeutend zu verlängern. In wichtigen Schwellenländern<br />
wie in China zeichnen sich – wenn auch mit großen Konflikten –<br />
ähnliche Tendenzen ab.<br />
Die großen Quellen dieses Reichtums sind die Arbeitskraft von Millionen<br />
und Abermillionen und die Natur. Das Wachstum ist das Lebenselixier<br />
der Moderne. Arbeits- und Lebenswelten, Denken und Fühlen sind<br />
in den Bann des Wachstums eingefangen.<br />
Doch seine Resultate sind extrem widersprüchlich. Die Konzentration<br />
des Reichtums bei den Machteliten spaltet die Gesellschaft. Das Wachstum<br />
hat die Reichen und Superreichen noch reicher gemacht und lässt<br />
große Teile der Erdbevölkerung weiter in Armut verharren. Die jüngste<br />
Weltwirtschaftskrise hat die Zahl der Hungernden wieder auf über eine<br />
Milliarde Menschen erhöht. Nach Schätzungen der Weltbank könnte sie<br />
zusätzlich 400 000 Kindern unter fünf Jahren den Tod bringen. Kriege<br />
in vielen Ländern kosten das Leben von Millionen Menschen. In Ressourcenkriegen<br />
geht es um die Beherrschung von Rohstoffen und Energiequellen<br />
für das Wachstum. Andere Kriege, z. B. um Wasser oder kommende<br />
Klimakriege, entspringen den Folgen des Wachstums.<br />
Aber das erreichte Reichtumsniveau erlaubt es in unserer Zeit zum ersten<br />
Mal in der Geschichte, danach zu suchen, wie ohne zerstörerisches<br />
Wachstum in den reichen Ländern die Lebensqualität in allen Regionen der<br />
Erde menschenwürdig erhöht werden kann. Diese einzigartige Chance<br />
bestimmt jedoch noch nicht die Richtung des politischen Handelns.<br />
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