Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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schen Industrialismus erst »radikalisierte«. Dies hatte die Biologin Rachel<br />
Carson (1962) mit ihrer Bibel der frühen Umweltbewegung, Der<br />
stumme Frühling, öffentlichkeitswirksam skizziert. Und die Geschichte<br />
des Klimasystems macht deutlich, dass die Geschichte des menschengemachten<br />
Klimawandels mit derjenigen des industriellen <strong>Kapitalismus</strong><br />
zusammenfällt, also mit der eines Wirtschaftssystems, dessen vorrangiges<br />
Ziel und Basis das ständige Wachstum ist (Kovel 2007; Nell/Semmler/Rezai<br />
2008, 171 f).<br />
Es ist also nicht genug, sich noch einmal auf den schon am Boden liegenden<br />
Neoliberalismus zu stürzen und ihm jetzt noch – zusätzlich zu<br />
all den sozialen Verwerfungen, die er tatsächlich produzierte – aus politischen<br />
Gründen die Alleinschuld an der Klimakrise zu geben, allen empirischen<br />
Daten zum Trotz. Umweltzerstörung liegt gerade nicht nur<br />
in der Struktur des Neoliberalismus begründet, über den der GND zugegebenermaßen<br />
hinaus will, sondern in der Struktur der kapitalistischen<br />
Produktionsweise selbst. Schon lange vor dem neoliberalen Finanzmarktkapitalismus<br />
schrieb Marx (MEW 23, 621) schließlich über<br />
die Logik des <strong>Kapitalismus</strong>: »Akkumuliert! Akkumuliert! Das ist Moses<br />
und die Propheten.« Karl Polanyi (1944) skizzierte, dass Gesellschaften<br />
sich vor den ökologisch zerstörerischen Tendenzen des <strong>Kapitalismus</strong><br />
schützen mussten. Der Club of Rome warnte 1972 vor den Grenzen<br />
des Wachstums – noch bevor der Neoliberalismus durchgesetzt werden<br />
konnte.<br />
Des kapitalistischen Pudels Kern ist das Wachstum, und darum geht es<br />
im GND, um eine Neuauflage der Geschichte vom <strong>Kapitalismus</strong>, der<br />
ewig weiterwachsen kann, ohne unsere Lebensgrundlagen zu untergraben.<br />
Ein neuer Wachstumszyklus aber steht im direkten Widerspruch<br />
zur Bewältigung der Biokrise.<br />
Wirklich klimaschutzrelevante CO2-Reduktionen hat es in den letzten<br />
30 Jahren trotz globaler und nationaler Umweltpolitiken nur zweimal<br />
gegeben. Nicht ausgelöst dadurch, dass der Anteil erneuerbarer Energien<br />
erhöht wurde (z. B. durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz); nicht<br />
ausgelöst durch Emissionshandel; sondern durch den Zusammenbruch<br />
der wachstumsfixierten Volkswirtschaften des Ostblocks. Die sowjetische/russische<br />
Wirtschaft zum Beispiel schrumpfte zwischen 1989 und<br />
1992 ungefähr um 40 % (Harrison 2001, 3). Während der 1990er Jahre<br />
sanken russische Treibhausgasemissionen ebenso um 40 % (Smith<br />
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