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Grünen Kapitalismus - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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GRÜNER KONSUMISMUS<br />

ten Arbeiterklasse sowie anderer sozialer Bewegungen (z. B. der globalisierungskritischen<br />

oder der feministischen) besteht derzeit wenig Aussicht<br />

darauf, dass politische Projekte »von unten« in der Lage sein werden,<br />

ihre Ziele, Organisationen und Praxen in die grün-kapitalistischen<br />

Staatsapparate einzuschreiben, wie sie dies innerhalb der fordistischkeynesianischen<br />

Staatsapparate tun konnten. 156 Wenn wir als gegeben<br />

annehmen, dass die Wahrscheinlichkeit sozialer Unruhen aufgrund der<br />

»Reproduktionslücke« sowie eskalierender sozialökologischer Krisentendenzen<br />

wachsen wird, dann bedeutet die Unfähigkeit emanzipatorischer<br />

Kräfte, sich an zentraler Stelle in den Staatsapparat einzuschreiben,<br />

dass die Rolle des grün-kapitalistischen Staates gegenüber ArbeiterInnen,<br />

Armen, MigrantInnen und anderen subalternen Gruppen vor allem darin<br />

bestehen wird, ihren (zumindest teilweisen) Ausschluss von bestimmten<br />

Formen des »exzessiven« Konsums zu organisieren: von Luxusnahrungsmitteln<br />

über Klimaanlagen bis hin zu Fernreisen. Um diese Rolle effektiv<br />

spielen zu können, wird der Staat zunehmen autoritär werden müssen,<br />

was wiederum durch die steigende Verfügbarkeit von Mitteln zur sozialen<br />

Kontrolle im biopolitischen Versuch, unseren Konsum zu regulieren,<br />

ermöglicht werden wird. Individuelle Kohlenstoffkarte gefällig?<br />

Auf der Ebene der Legitimation wird diese autoritäre Tendenz in der Frage<br />

des »exzessiven« Konsums weniger privilegierter Bevölkerungsschichten<br />

dadurch stabilisiert werden, dass an die ›besseren Instinkte‹ des Bürgertums<br />

appelliert wird. Teile der »globalen Mittelklassen« (The Emergency<br />

Exit Collective 2008) – in den letzten Jahren immer unzufriedener mit<br />

den repressiven Politiken, die im Namen des »Krieges gegen den Terror«<br />

verfolgt wurden (gramscianisch gesprochen ist Antiterrorismus sicherlich<br />

eine Strategie der Dominanz, nicht der Hegemonie – Gramsci, Gef.1)<br />

– werden von dieser Entwicklung möglicherweise begeistert sein: »grüne‹<br />

Einschränkungen des Konsums der »Unterschichten«. Dies wird den<br />

Mittelklassen erlauben, weiterhin so zu konsumieren, wie sie es gewohnt<br />

sind (legitimiert durch den Kauf ökologisch nahezu nutzloser »Ablassbriefe«,<br />

in der technischen Sprache »offsets« genannt, vgl. Altvater/Brunnengräber<br />

2008), während sie so gleichzeitig die »feinen Unterschiede«<br />

zwischen ihnen und den Armen vergrößern, da Letztere nun noch weni-<br />

156 Die staatstheoretische Perspektive, die diesem Argument zugrunde liegt, ist an Nicos<br />

Poulantzas angelehnt, der den kapitalistischen Staat als die »materielle Verdichtung<br />

gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse« verstand (vgl. dazu Poulantzas 1977 sowie Bretthauer<br />

u. a. 2006).<br />

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