Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions

Vermarktung gebunden wird. Damit geht einher, dass der erfolgreiche
Wettbewerb mit dem persönlichen Glück verbunden wird. Es existiert keine
starre Grenze mehr zwischen privat und öffentlich, Arbeit und Freizeit oder
Politik und Öffentlichkeit, sondern die Grenze verschwimmt immer mehr.
Die freie Gestaltbarkeit der Arbeit geht einher mit der ökonomischen
Verwertung der Freizeit. Die individuelle Freiheit muss nicht mehr diszipliniert
werden, da Arbeit und Selbstverwirklichung nahezu deckungsgleich werden
(vgl. Lemke 1997: 248):
„In der neoliberalen Harmonie gibt [sic!] keine Schranke zwischen dem
Ökonomischen, dem Psychologischen und dem Sozialen. Flexible Arbeitszeiten,
selbstbestimmte Arbeitsgruppen, Leistungsanreize etc. haben nicht nur das Ziel,
die Organisation der Produktion zu transformieren, sondern richten sich darüber
hinaus auf die Beziehungen der Individuen zu ihrer Arbeit. Oder genauer: Die
Transformation der Produktionsstrukturen ist nur unter der Bedingung möglich,
dass die Individuen ihre Beziehung zu sich selbst und zur Arbeit ‚optimieren‘“
(Lemke 1997: 256).
Das autonome Management und die Akkumulation des individuellen
Humankapitals weiten sich über das traditionelle Berufsleben hinaus aus. 97 Sie
kennen „weder Feierabend noch Privatsphäre“ (Bröckling 2002: 183).
Wie schwierig Grenzziehungen werden, zeigt auch der Fernsehwerbespot einer
sehr bekannten Staubsaugerfirma: Auf einer Party kontert eine Frau auf die
Frage, was sie denn beruflich mache, mit der Antwort, dass sie ein kleines,
expandierendes Familienunternehmen leite. Die nächste Einstellung zeigt nicht,
wie die Frau in einem Büro oder einer Werkstatt bei der Arbeit ist, sondern der
Zuschauer sieht sie in ihrem kleinfamiliären Wohnzimmer, wie sie sich um
Haushalt und Kindererziehung kümmert. Bührmann fragt in Bezug auf den
Werbespot, welche Bedeutung es hat, dass eine Hausfrau und Mutter als
Unternehmerin angerufen wird und sich selbst zur Unternehmerin ins Verhältnis
setzt? Der Spot könnte für die feministische Anerkennung der
Reproduktionssphäre stehen. Oder er stellt die Familienvariante dessen dar, was
als „‘Verwischung der Grenzen‘“ zwischen Produktions- und
Reproduktionssphäre oder als „‘Entgrenzung‘“ dieser Sphären diskutiert wird
(vgl. Bührmann 2006: 110; vgl. zur politischen Deutung des „Unternehmens
Haushalt“ Schlager 2000).
97 Die Ökonomisierung des Individuums bringt es mit sich, dass Kinder, wenn bei ihnen
pränatal Anomalien oder Behinderungen festgestellt werden, nicht auf die Welt kommen.
Denn bei der späteren Investion in Qualifizierungen ist die „Qualität des Rohprodukts“ nicht
unerheblich. Hier zeigt sich die biopolitische Dimension der neoliberalen Gouvernementalität
(vgl. Bröckling 2007: 92f.).
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