Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
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Um es noch einmal zu verdeutlichen: Der thematische Rahmen, auf den sich das<br />
Krisenexperiment bezog, ist eine Skepsis bei gleichzeitigem Interesse gegenüber<br />
dem neoliberalen Allianzmodell. Das Krisenexperiment wollte zeigen, welche<br />
Brücken neoliberale Politiken zwischen Heteronormativität und „flexibler<br />
Normalisierung“ schlagen. Während der Performance sollte geschlechtliche und<br />
sexuelle Vielfalt im neoliberalen Sinne affirmativ, überidentifikatorisch<br />
proklamiert werden. Dadurch wollte das Krisenszenario die neue Offenheit<br />
hinsichtlich Geschlecht und Sexualität als Teil spätmoderner Herrschaftsformen<br />
problematisieren. Gemeint sind damit Darstellungen, wie sie auf den Plakaten<br />
zum CSD 2006 in Hamburg zu sehen waren (vgl. www.spielt-doch-keinerolle.de).<br />
34<br />
4.3.1 Situationsbestimmung und Publikumserwartung<br />
„Die Größe aber, bzw. der einer jeweiligen Tat in ihrer<br />
Einzigartigkeit zukommende Sinn, liegt weder in den Motiven,<br />
die zu ihr getrieben, noch in den Zielen, die sich in ihr<br />
verwirklichen mögen; sie liegt einzig und allein in der Art ihrer<br />
Durchführung, in dem Modus des Tuns selbst.“ 35<br />
138<br />
Hannah Arendt<br />
Es war im Vorfelde der Krisenintervention äußerst wichtig, eine Situation für<br />
das Handlungsgeschehen festzulegen. Die Situation musste genügend Raum zur<br />
schauspielerischen Entfaltung und (Selbst-)Beobachtung bieten. Es sollte<br />
schließlich nicht nur eine treffende Performance absolviert werden, sondern<br />
deren ambivalenten Inhalte sollten festgehalten werden. Als geeignet erschien<br />
dafür eine Vernissage in einer alten Fabrikhalle in Innenstadtnähe. Die<br />
Veranstaltung war nur leicht frequentiert, so dass eine konzentrierte Darstellung<br />
34 Dort waren ein junger, weißer, attraktiver Mittelschichts-Fußballer und ein älterer, weißer<br />
Bauer oder Gemüsehändler mit der Bildunterschrift „Schwuchtel?“ sowie eine junge, weiße,<br />
attraktive Mittelschichts-Braut und eine ältere, weiße, großbürgerliche Hausfrau mit der<br />
Bildunterschrift „Kampflesbe?“ zu sehen. Derartige Repräsentationen lassen fragen, inwiefern<br />
durch die Bildunterschrift die Norm angekratzt oder nur noch mehr durch die Abweichung<br />
bestätigt wird. Die Plakate zur „Politischen Parade“ am 5. August 2006 wurden von der FDP,<br />
Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mitgetragen. Die Zusammenarbeit dieser Parteien hat in<br />
der Hansestadt Hamburg Tradition. Dennoch ist die Allianz einer liberalen, einer linksliberalen<br />
und einer sozialdemokratischen Partei in Bezug auf den CSD auch hinsichtlich<br />
unseres Themas von großem Interesse.<br />
35 Arendt 2005: 261.