Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
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3.1.2 Austin performativ gewendet<br />
“I had better declare at once that I am seduced by Austin. I like<br />
not only the openess that I find in his theory, but the theory’s<br />
potential for scandal; I like not only what he says, but what he<br />
‘does with words.’ And it is the import of this doing (as distinct<br />
from the saying, from the simple theoretical statement) that I<br />
want now to articulate. After having done things with what he<br />
says, I shall try to say what he does.” 10<br />
49<br />
Shoshana Felman<br />
Ab Austins sechster Vorlesung verwässert sich nicht nur der Unterschied<br />
zwischen „konstativen“ und „performativen Äußerungen“, 11 sondern es<br />
erscheint so, als ob Austin sowohl Systematisierung als auch Zusammenfallen<br />
dieser Differenz geradezu hervorhebt. Er inszeniert das allmähliche<br />
Zusammenbrechen seiner Ursprungsthese (vgl. Wirth 2002: 23f.). Immer wieder<br />
wird in seinen Vorlesungen „Zur Theorie der Sprechakte“ auf seine<br />
Ursprungsdifferenz performativ/konstativ verwiesen, obwohl er sie eigentlich<br />
längst ad acta gelegt hat. Des Weiteren hebt Austin an einigen Stellen den<br />
provisorischen Charakter seiner eigenen neu entworfenen Typologie der<br />
illokutionären Akte hervor. Er installiert zwar eine neue Typologie, aber die ist<br />
nicht in der Lage, die alten Problematiken aus der Welt zu räumen (vgl. Seier<br />
2005: 51). 12<br />
So hat Shoshana Felman als erste auf die Divergenz zwischen dem, was Austin<br />
in seinen Vorlesungen über die Sprechakte sagt, und dem, was er im Kontext der<br />
Vorlesungen über die Sprechakte macht, verwiesen (vgl. Felman 1983: 73). Sie<br />
sieht bei Austin einen Don-Juan-Effekt, da er eine Theorie des Performativen<br />
ankündigt, aber diese mit dem Verweis auf die Unmöglichkeit nicht liefert. Die<br />
Parallele zwischen Austin als Autor und Don Juan als Liebhaber besteht darin,<br />
dass Don Juan durch nicht eingelöste Heiratsversprechen handelt, was eine Kluft<br />
zwischen seinen konstativen und seinen performativen Äußerungen darstellt<br />
(vgl. ebenda: 63f.). Er macht sich die Frauen durch den performativen Akt<br />
10 Felman 1983: 73.<br />
11 Austin lässt den Begriff der Performativität fallen und löst ihn durch die Illokution ab. Im<br />
Gegensatz zu seinen „ursprünglichen Performativa“ – die Gruppe von Verben, die tun, was<br />
sie sagen - geht Austin in seiner siebten Vorlesung dazu über Performativität als einen<br />
grundsätzlichen Aspekt von Äußerungen zu verstehen. Das ehemalige Gegenüber, die<br />
konstativen Äußerungen, stellen fortan nur einen Sonderfall der Performativität dar (Austin<br />
2002: 109).<br />
12 In seinem Aufsatz „So tun als ob“ setzt er sich mit dem Gegensatz von „heucheln“ und<br />
„wirklich sein“ auseinander und ist mit einer ähnlichen Problematik konfrontiert wie bei dem<br />
Gegensatz zwischen performativen und konstativen Äußerungen (vgl. Austin 1986a: 333ff.).