Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
können alte Muster angenommen und modifiziert werden. 68 Gleichzeitig ist<br />
„<strong>Monkeydick</strong>-<strong>Productions</strong>“ ein Versuch, dem eigenen Scheitern auf andere Art<br />
und Weise zu begegnen. Es ist ein Versuch, das strukturell-menschliche<br />
Scheitern nicht als individuelles Scheitern wie in einem realen Unternehmen zu<br />
erleben, sondern ein Unternehmen ins Leben zu rufen, in dem man einfach<br />
einmal „so tut als ob“ man ein richtiges Unternehmen ist. In dem Moment muss<br />
man das persönliche Scheitern nicht mehr so spüren, weil man immer sagen<br />
kann, wenn die Leute mit dem Finger auf einen zeigen und sagen: „Ihr scheitert<br />
gerade!“, „jaah, das ist ja auch ein Aspekt unseres Unternehmenskonzeptes, dass<br />
wir das alles nur spielen!“ Dies hat zur Konsequenz, dass man den Mitarbeitern<br />
von „<strong>Monkeydick</strong>-<strong>Productions</strong>“ das Scheitern nicht vorwerfen kann. Die<br />
Mitspieler von „<strong>Monkeydick</strong>-<strong>Productions</strong>“ wollen leisten bzw. handeln, aber<br />
nicht in dem vorgegebenen Definitionsrahmen. Durch die normativen<br />
Vorstellungen von Leistung, von denen sich kaum jemand frei machen kann,<br />
wird das reale Scheitern als bloßstellend empfunden. Nur die Reflexion der<br />
gesellschaftlichen Funktionsmechanismen und deren Bloßstellung macht das<br />
strukturell-menschliche Scheitern erträglich.<br />
Daran knüpft die Frage an, inwiefern man Ambivalenz aufrechterhalten kann,<br />
wenn man „<strong>Monkeydick</strong>-<strong>Productions</strong>“ in ein funktionierendes und erfolgreiches<br />
Unternehmen überführen würde. Als Beispiel für ein am Erfolg orientiertes<br />
Unternehmen kann das DJ-Team „<strong>Monkeydick</strong> Music Department“ verstanden<br />
werden. In dem Moment, in dem man strukturell funktioniert, erfolgreich und<br />
gesellschaftlich anerkannt ist, reproduzieren sich Mechanismen, die in jedem<br />
realen Unternehmen ablaufen. Dabei fällt die Abgrenzung als „<strong>Monkeydick</strong>“<br />
äußerst schwer. Ambivalenzen auf- und auszuführen, ist nicht mehr so leicht<br />
möglich. Aber es ist eine weitergehende Fragestellung, was passiert, wenn man<br />
die Zielvorstellung von „<strong>Monkeydick</strong>-<strong>Productions</strong>“, immer auf der Grenze<br />
entlang zu laufen, in ein reales Unternehmen überführt.<br />
In der Gruppendiskussion wurde erörtert, dass sich auch die wissenschaftliche<br />
Aktionsforschung „<strong>Monkeydick</strong>-<strong>Productions</strong>“ der Frage zu stellen hat, inwiefern<br />
sie Wahrheit generiere. Auch die Darstellung als wissenschaftliches Projekt sei<br />
eine Identitätskonstruktion. In diesem Zusammenhang wollte die Spielleitung<br />
während der ersten Gruppendiskussion mit dem Brustton der Überzeugung den<br />
Versuch unternehmen, einen ernsten Sprechakt zu vollziehen: „Ich bin<br />
Wissenschaftlerin!“ Dieser Sprechakt löste sich in ein Lachen auf.<br />
Das Lachen wurde einerseits durch das Ironisieren der Ernsthaftigkeit ausgelöst,<br />
aber auch dadurch, dass sie sich mit der begrifflichen Grenzziehung nicht<br />
identifizieren konnte. Gleichzeitig wurde sie sich schamhaft der<br />
68 Baecker verweist auf das Problem angesichts zunehmender Individualisierung<br />
Entscheidungsroutinen beibehalten zu können. Er sieht einen Zusammenhang von<br />
„Individualisierungsparadox“ und „Routinenaufhebungsroutinen“ (vgl. Baecker 2003: 105f.).<br />
180