Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
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eagiert, während es die von der „Sozialkritik“ bearbeiteten Problemfelder<br />
„Egoismus“ und Ungleichheit“ vernachlässigt (vgl. ebenda: 142ff.):<br />
„So sind z.B. die Eigenschaften, die in diesem neuen Geist eine Erfolgsgarantie<br />
darstellen – Autonomie 103 , Spontaneität, Mobilität, Disponibilität, Kreativität 104 ,<br />
Plurikompetenz (im Unterschied zu der beengten Spezialisierung der älteren<br />
Arbeitsteilung), die Fähigkeit, Netzwerke zu bilden und auf andere zuzugehen, die<br />
Offenheit gegenüber Anderem und Neuem, die visionäre Gabe, das Gespür für<br />
Unterschiede, die Rücksichtsnahme auf die je eigene Geschichte und die<br />
Akzeptanz der verschiedenartigen Erfahrungen, die Neigung zum Informellen und<br />
das Streben nach zwischenmenschlichem Kontakt -, direkt der Ideenwelt der 68er<br />
entliehen“ (ebenda: 143f.).<br />
Die Literatur des Neomanagements kann als Anrufung verstanden werden. Bei<br />
Althusser wird die gesellschaftliche Formierung des Subjektes als Anrufung<br />
bezeichnet. In seiner berühmten Urszene ruft ein Polizist einem Passanten nach:<br />
„He, Sie da!“ Dadurch dass der auf diese Art und Weise Angerufene sich<br />
umdreht, wird er durch diese Drehung zum Subjekt, da er mit dieser Drehung<br />
anerkennt, dass die Anrufung eben ihm galt. Anscheinend ist der Polizist<br />
bemächtigt, Leute anzurufen und zum Stehen zu bringen (vgl. Althusser 1977:<br />
142ff.).<br />
Die neoliberalen Anrufungen des Neomanagements arbeiten mit der<br />
strukturellen Ambivalenz, die generelle Subjektivierung mit sich bringt. Auf der<br />
einen Seite stellen sie die Autorität, die in ihren Appellen weiß, was gut für ihre<br />
Angerufenen ist. Auf der anderen Seite werden die Abkehr von der<br />
Fremdbestimmung und das Werde-du-selbst gepredigt, so dass die neuen<br />
Arbeitsverhältnisse einer „Selbst-Prekarisierung“ gleichkommen (vgl. Lorey<br />
2006). Diesen performativen Widerspruch hat schon Butler beschrieben:<br />
„Das Subjekt läßt sich durchaus so denken, daß es seine Handlungsfähigkeit von<br />
ebender Macht bezieht, gegen die es sich stellt, so unangenehm und beschämend<br />
103 Durch die Forderung nach Autonomie wird das Subjekt nicht nur in den<br />
Produktionsprozess eingebunden, sondern es entlastet das Unternehmen von Kontrollkosten,<br />
weil es unter seiner eigenen Selbstkontrolle steht. In seiner Eigenverantwortung reagiert es<br />
sowohl adäquat auf Kundenanfragen als auch auf die kurzen Produktionsphasen (vgl.<br />
Boltanski/Chiapello 2003: 375).<br />
104 Die Forderung nach Kreativität deckt sich mit der Erkenntnis, dass durch die Motivation<br />
zum erfindungsreichen, phantasievollen und innovativen Denken Gewinne für das<br />
Unternehmen gerade in den neuen Technologien und im stark expandierenden<br />
Dienstleistungs- und Kultursektor abfallen. Dies beinhaltet, dass der Widerspruch zwischen<br />
Kunst und Ökonomie, auf dem die „Künstlerkritik“ fußte, nivelliert wird (vgl.<br />
Boltanski/Chiapello 2003: 375f.).<br />
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