Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
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Einfluss auf diesen immerwährenden Prozess hat nicht die Gesellschaft, sondern<br />
nur er selbst. Denn, indem er sich selbst verwirklicht, wird er ein Produkt seiner<br />
selbst. Der Typ des Unternehmers verallge<strong>meine</strong>rt sich. Das heißt, dass der<br />
Unternehmer nicht mehr eine Leitfigur ist, sondern jeder zu einem<br />
„Unternehmer seiner selbst“ 89 (ebenda: 178) wird.<br />
Der „Unternehmer seiner selbst“ ist keine in der Empirie vorzufindende Figur.<br />
Der „Unternehmer seiner selbst“ stellt ein Zielkonzept dar, zu dem sich die<br />
Subjekte hinbewegen und hinbewegt werden. Er ist ein Selbst, das nur im<br />
Gerundivum als zu produzierendes und zu optimierendes existiert. Man ist kein<br />
„Unternehmer seiner selbst“, aber man soll einer werden. In seinen appellativen,<br />
präskriptiven Grundzügen kann er auch nicht wie der „Arbeitskraftunternehmer“<br />
als Idealtypus im Weberschen Sinne verstanden werden. Er ist im Vergleich zu<br />
diesem keine heuristische Kategorie, die einer Sozialstrukturanalyse dienen<br />
könnte. Die Figur des „Unternehmers seiner selbst“ ist eine Verdichtung<br />
verschiedener Subjektivierungsprogramme der Gegenwart. Das Ziel dieser<br />
Programme ist, die gesamte Lebensführung auf unternehmerisches Handeln<br />
auszurichten. Der „Unternehmer seiner selbst“ beschreibt auf mikropolitischer<br />
Ebene die Rationalität, auf die die „Technologien der Selbst- und<br />
Fremdführung“ zulaufen (vgl. Bröckling 2002: 179). 90<br />
„Das unternehmerische Selbst existiert nur als Realfiktion im Modus des Als-ob –<br />
als kontrafaktische Unterstellung mit normativem Anspruch, als Adressierung, als<br />
Fluchtpunkt von Selbst- und Sozialtechnologien, als Kraftfeld, als Sog“ (ebenda<br />
2007: 283).<br />
Bröckling weist die Kritik an den Gouvernementalitätsstudien, dass sie die<br />
Wirklichkeit normativ verkürzen und glätten würden, von sich. Er erklärt, dass<br />
die Figur des „Unternehmers seiner selbst“ weder als Erklärungsmodell für das<br />
tatsächliche Verhalten von Menschen dient noch dass sie rein normativer Natur<br />
89 Schon Schumpeter konzipierte 1911 einen Unternehmertypus, der sich vom homo<br />
oeconomicus der Neoklassik insofern unterscheidet, als er nicht nur seinen eigenen Nutzen<br />
maximiert. Schumpeters Unternehmer besticht nicht durch seinen Erfindungsgeist und<br />
Ideenreichtum, sondern durch die Durchsetzung von Erfindungen und Ideen im<br />
Konkurrenzkampf. Nur der Innovationen durchsetzende Unternehmer kann zeitweise eine<br />
Monopolstellung erlangen, die ihm Monopolgewinne einbringt (vgl. Michalitsch 2006: 75-<br />
82).<br />
90 „Unternehmerisches Handeln, so weit besteht Konsens, ist ökonomisches Handeln, aber<br />
nicht jede ökonomische Aktivität ist auch unternehmerisch“ (Böckling 2007: 108). Bröckling<br />
wendet sich an die Nationalökonomie, um zu definieren, was unternehmerisches Handeln von<br />
anderen Handlungsweisen unterscheidet: „Unternehmer sind erstens findige Nutzer von<br />
Gewinnchancen, zweitens Neuerer, sie übernehmen drittens die Unsicherheiten des<br />
ökonomischen Prozesses und koordinieren schließlich viertens die Abläufe von Produktion<br />
und Vermarktung“ (ebenda: 110).<br />
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