Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
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Moment des Funktionierens dieser Literatur dar. Das Scheitern 92 am Modell<br />
besitzt eine Sogwirkung, die das Individuum antreibt, die Selbstoptimierung<br />
nicht aus den Augen zu verlieren (vgl. Bröckling 2002: 180).<br />
In den liberalen Strömungen des 18. Jahrhunderts galt die Fähigkeit, frei und<br />
rational zu handeln, als anthropologische Konstante, die man entwickeln, aber<br />
der man nicht weiter Beachtung schenken musste. Neoliberale<br />
Regierungsweisen bringen einen artifiziellen, fluiden homo oeconomicus<br />
hervor, dessen Stimulation und Kontrolle am besten durch das „permanente<br />
ökonomische Tribunal“ (Lemke 1997: 249) vollzogen wird. Eine<br />
gesellschaftliche Ordnung, die staatliche Regulation durch den freien Markt und<br />
die individuelle Freiheit ersetzt, braucht, um für Stabilität, Sicherheit, Kontrolle<br />
und Berechenbarkeit zu sorgen, ein großes Maß an Selbstregulation. Der innere<br />
Zwang ersetzt den äußeren. Wenn der homo oeconomicus die Grenze von der<br />
Ökonomie zur Gesellschaft überschreitet, muss auch für seine gesellschaftliche<br />
Ausformung gesorgt sein (vgl. Michalitsch 2006: 16). Die je nach Blickwinkel<br />
wandelbare Grenzziehung zwischen Privatem und Öffentlichem bleibt in einer<br />
neoliberal-postfordistischen Gouvernementalität nicht unberührt, worauf im<br />
nächsten Kapitel eingegangen werden soll.<br />
3.4.2.4 Das Private ist ökonomisch!<br />
„In einer vernetzten Welt hingegen verschwindet die<br />
Unterscheidung zwischen Privat- und Berufsleben tendenziell<br />
unter dem Eindruck einer doppelten Verquickung einerseits<br />
zwischen den Eigenschaften eines Mitarbeiters und seinem<br />
Leistungsvermögen (die in dem Begriff der Kompetenz 93<br />
untrennbar miteinander verbunden sind) und andererseits<br />
zwischen persönlichem Besitz – in allererster Linie dem Besitz<br />
seiner selbst – und gesellschaftlichem, von der Organisation<br />
besessenem Eigentum. Insofern lässt sich nur schwierig<br />
unterscheiden, wann man sich dem Privatleben und wann dem<br />
Berufsleben widmet, ob man mit Freunden oder geschäftlich zu<br />
Abend isst, ob die Kontakte affektiv oder nützlich sind.“ 94<br />
95<br />
Luc Boltanski und Eve Chiapello<br />
In der Gouvernementalitätsperspektive erscheint die Trennung zwischen<br />
Subjektivität und Macht nicht mehr plausibel, weil Regierung sowohl Selbst- als<br />
92 Auch für das Scheitern gibt die Ratgeberliteratur ein professionelles Projektmanagement an<br />
die Hand (vgl. Bröckling 2007: 282).<br />
93 Kursiv im Original.<br />
94 Boltanski/Chiapello 2003: 209.