Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
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sowohl erfolgreich sein zu können als auch nicht erfolgreich sein zu können. Die<br />
von der Heteronorm abweichenden Menschen müssen Kompensationsstrategien<br />
entwickeln, um leistungsbereit zu sein. Sie stellen quasi die „Norm der<br />
Abweichung“ (von Osten 2003) dar.<br />
In dem Konzept zur Krisenintervention sollten die „Honorary Big Swinging<br />
Dicks“, die „Big Swinging Dicks“ ehrenhalber, wie erfolgreiche Frauen in der<br />
Wirtschaft genannt werden, die „Norm der Abweichung“ darstellen. Damit<br />
sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass der ‚Dick‘ nicht mehr das<br />
konstituierende Merkmal für Dazugehörigkeit ist, sondern dass man sich durch<br />
Leistung einen „Honorary Big Swinging Dick“ verschaffen kann. Der ‚Dick‘ hat<br />
zwar als Norm weiterhin Bestand, aber es ist möglich, sich ‚Ersatz-Dicks‘ zu<br />
verschaffen. Das „Honorary“ markiert, dass jemand „ehrenhalber“ etwas<br />
bekommt und die Leistung nicht auf formalem Wege erlangt hat. Er entspricht<br />
formal nicht der Norm, aber bekommt die Ehrung trotzdem auf anderem Wege<br />
zugesprochen. In der Krisenintervention „Be a Honorary Big Swinging Dick –<br />
Be a <strong>Monkeydick</strong>“ sollten auch Schwule, Trans-Männer etc. unter die<br />
„Honorary Big Swinging Dicks“ fallen. Neben der Norm und der „Norm der<br />
Abweichung“ gibt es noch die Abweichung, die in dem Konzept zur<br />
Krisenintervention auch mit ‚No Dick‘ bezeichnet wurde. Darunter wurden in<br />
der Krisenintervention alle Menschen subsumiert, die aufgrund ihrer geringen<br />
Berufsqualifikation und mangelnden Leistungsbereitschaft ausgeschlossen<br />
werden. 43 <strong>Für</strong> das Ausführen und Aufführen der Spielergruppe war es wichtig,<br />
sich die Spannung zwischen „Norm der Abweichung“ und Abweichung, die den<br />
Grundpfeiler der Krisenintervention darstellen sollte, zu vergegenwärtigen.<br />
In Bezug auf das Schaubild (S. 161) sollte der ‚Dick‘ („Unternehmer seiner<br />
selbst“) die Norm darstellen. Die Norm heterosexueller, leistungsstarker<br />
Männlichkeit darzustellen, war mit den Teilnehmern der Spielergruppe nicht<br />
möglich. Die Spielergruppe sollte weder die Norm noch die bloße Abweichung<br />
von der Norm darstellen. Stattdessen sollte der Raum zwischen der „Norm der<br />
Abweichung“ („Unternehmerin ihrer selbst“) und der Abweichung<br />
(Gescheiterte) mit der Spielergruppe beschritten werden, der über Leistung<br />
hergestellt wird. <strong>Für</strong> das Konzept der Krisenintervention war es vor dem<br />
Hintergrund eines neoliberalen Diskursklimas wichtig, den Zwischenboden der<br />
43 Dieser Prozess der Selektion und Exklusion, der vor über zwanzig Jahren insbesondere<br />
durch die neuen Personalführungspraktiken der Unternehmen in Gang gesetzt wurde, „lagert“<br />
die Geringqualifizierten entweder „aus“ oder lässt sie in prekären Arbeitsverhältnissen. Dies<br />
trifft die Menschen, die die geringsten Qualifikationen besitzen, unflexibel sind und die<br />
psychisch oder physisch labil sind. Ihre Benachteiligung bei der Arbeitsplatzsuche verstärkt<br />
sich durch einen „kumulativen Prozess“: „Wie gesehen, können diejenigen, die ‚nicht dazu<br />
gehören‘, sich nur sporadisch beteiligen. Es muss allerdings noch gezeigt werden, dass sie<br />
nicht nur an einer beruflichen Eingliederung gehindert werden, sondern dass sie zuerst einmal<br />
ausgeschlossen worden sind“ (Boltanski/Chiapello 2003: 281).<br />
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