Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
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seinem „Bobo“, bourgeoisen Bohemien, einen im Bourdieuschen Sinne mit viel<br />
Kapital ausgestatteten Menschen, der sich sowohl unternehmerischen Zielen als<br />
auch der Alternativkultur verpflichtet sieht (ebenda: 131). 101 Bröckling arbeitet<br />
in einer Untersuchung von Managementliteratur heraus, dass in dieser<br />
Selbstverwirklichung und Selbstverwertung miteinander versöhnt werden:<br />
„Was vor nicht langer Zeit noch als Remedium gegen Entfremdung, Ausbeutung<br />
oder Unterdrückung in Anschlag gebracht wurde, nutzen diese<br />
Gebrauchsanweisungen zur erfolgreichen Vermarktung der eigenen Person<br />
inzwischen als sozialtechnologisch zu erschließende Ressource. Sie postulieren<br />
Autonomie statt Reglementierung, Empowerment statt Kontrolle und übersetzen<br />
die Parole vom Recht auf Differenz in den Distinktionszwang des ‚Brand<br />
yourself!‘“ (Bröckling 2002: 176).<br />
Eine klare Grenze zwischen Kritik und Affirmation zu ziehen, ist in einer<br />
Rationalität, die den Nonkonformismus zur Norm erhebt, nicht mehr so einfach<br />
möglich. Angesichts von Managementstrategien, die „kreatives Chaos“ (Peters<br />
1994), „Liberation Management“ (ebenda 1993) und das „revolutionäre<br />
Unternehmen“ (Hamel 2001) fordern, scheint die „Subversion der Ordnung Teil<br />
ihrer Optimierung“ zu sein (vgl. Bröckling 2002: 176). Gleich sind sich alle<br />
neoliberalen Subjekte nur in dem zwanghaften Charakter der Distinktion. Um<br />
nicht auf dem Abstellgleis zu landen, besteht die einzige Möglichkeit, sich von<br />
der Masse abzuheben: „Ohne Wandel kein Wachstum – wer abbaut, verliert“<br />
(Peters 1998). Der Appell schlägt in eine ähnliche Richtung wie das legendäre<br />
„Sei doch einmal spontan!“. Es stellt die Krönung der Paradoxie dar, was<br />
aufgrund der Uneinlösbarkeit der Forderung dem individuellen Ansporn keinen<br />
Abbruch tut (vgl. Bröckling 2002: 181).<br />
Auch in Boltanskis/Chiapellos „Der neue Geist des Kapitalismus“ (2003) wird<br />
das Normative des kapitalistischen Systems beschrieben. Bei ihrem qualitativen<br />
Vergleich der Management-Literatur der 1960er-Jahre und der 1990er-Jahre<br />
betonen sie ähnlich wie die Gouvernementalitätsstudien die normativen<br />
Veränderungen, die in der Ratgeberliteratur in dieser Periode zu sehen sind (vgl.<br />
ebenda: 92). Sie arbeiten heraus, dass das „Neomanagement“ auf die<br />
Bedürfnisse nach Authentizität 102 und Freiheit von Seiten der „Künstlerkritik“<br />
101<br />
Vgl. auch den Begriff des „Culturepreneurs“ von Anthony Davies und Simon Ford auf<br />
www.societyofcontrol.com.<br />
102<br />
Die Forderung nach Authentizität reagiert vor allen Dingen auf die Kritik an der<br />
Technisierung, der Vermassung und der Uniformierung. Durch flexible Produktionsweisen ist<br />
inzwischen eine Multiplizierung und Diversifizierung von Konsumgütern zu verzeichnen, die<br />
gleichzeitig für viele soziale Schichten erschwinglich werden (vgl. Boltanski/Chiapello 2003:<br />
376).<br />
100