Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
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Die Tatsache, dass Spiele mit festen Regeln und Grenzen die moderne<br />
Spielforschung beherrschen, zeugt von einer Dominanz der<br />
Beobachterperspektive, die sich weniger auf die Wahrnehmungen, Erfahrungen<br />
und Emotionen der Spielenden bezieht, was insbesondere für die Untersuchung<br />
des Krisenexperimentes von Bedeutung ist. Dass Spiele sich durch bestimmte<br />
Grenzen, Regeln und Zeiten umreißen lassen, fügt sich in ein bürgerlichkapitalistisches<br />
Dispositiv ein, durch das zum Ausdruck kommt, wie moderne<br />
Gesellschaften das Spiel zulassen. Über dieses Dispositiv wird das Spiel in die<br />
Rolle der Opposition gedrängt, mit der markiert wird, wo das Spiel nicht seinen<br />
Platz hat: in der Ernsthaftigkeit, im Alltäglichen, bei der Arbeit oder auch<br />
einfach in dem, was als Realität verstanden wird (Adamowsky 2005: 12f.).<br />
In der Ästhetik stellt der Spielbegriff einerseits deren Autonomie, andererseits<br />
deren Einordnung in einen kulturellen Rahmen sicher. Im Theaterspiel ist die<br />
Theatralität ein diskursives Element, das der Kennzeichnung von Wahrheit oder<br />
Täuschung dient. Der Begriff der Theatralität ist als ein<br />
„Wahrnehmungsdispositiv“, das sich durch Heterogenität und Veränderbarkeit<br />
auszeichnet, zu versehen. Theatralität ist eine Aufmerksamkeitsschwelle. In<br />
einer besonderen gesellschaftlichen und historischen Konstellation markiert sie<br />
den Übergang von den sichtbaren oder verborgenen, von den wahrgenommenen<br />
oder nicht wahrgenommenen Dingen:<br />
„Es handelt sich also um eine Bezugsgröße, die als Appell an den Betrachter zu<br />
verstehen ist, eine (Wahrnehmungs-)Perspektive zur Welt einzunehmen, die<br />
unterscheidet, ob gesellschaftliches Verhalten inszeniert oder ‚wahrhaftig‘, also<br />
konventionalisiert, ist“ (Röttger 2005: 532). 16<br />
Gleichzeitig dient der Begriff der Verhandlung vermeintlicher Wahrheiten und<br />
Täuschungen.<br />
Trennungen wie die von Subjekt und Objekt und von Spiel und Wissenschaft<br />
sind das Fundament der modernen Selbstbeschreibung, weshalb man bei deren<br />
Aufhebung zunächst vor dem Problem steht, eine Sprache für diesen Vorgang<br />
finden zu müssen. Die Dekonstruktion dieser Objektivitäten und Rationalitäten<br />
gleicht dem Versuch, aus einer Sprachlosigkeit herauszufinden, die als ein<br />
improvisierender Umgang mit Strategien und die Kombination ihrer Elemente auf neue Art<br />
und Weise eine kontinuierliche performative Basis für Veränderung, da neue Strategien durch<br />
taktische Improvisationen eingesetzt werden (vgl. Carlson 1996: 49f.).<br />
16 Trotz der Vorbehalte gegenüber der Aufweichung des künstlerisch-ästhetischen<br />
Theaterbegriffes durch einen kulturwissenschaftlich verstandenen Theatralitätsbegriff gibt es<br />
gute Gründe, soziale Wirklichkeit als inszenierte Wirklichkeit wahrzunehmen, den<br />
performativen Charakter sozialer und kultureller Prozesse hervorzuheben sowie zur<br />
komplexen Analyse von Macht- und Herrschaftsverhältnissen theatrale Methaphern und<br />
Kategorien anzuwenden (vgl. Wrentschur 2004: 245).<br />
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