Für meine Eltern Lena & Rolf - Monkeydick-Productions
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Rekrutierungsspruch und Regenbogen flankiert wurde. <strong>Für</strong> den Protokollanten<br />
lagen statt eines Namensschildes ein mit dem Rekrutierungsspruch und<br />
Regenbogen bedruckter Notizblock und ein Stift bereit. <strong>Für</strong> den firmeneigenen<br />
Kameramann war am Ende des Raumes die Digitalkamera zur Aufnahme<br />
bereitgestellt. Die Professionalität des Rahmens sollte es der Spielergruppe<br />
erleichtern, sich in die Logiken einer „Unternehmerin ihrer selbst“ einzufinden.<br />
Da für die Krisenintervention eine freundliche, glatte, aber auch bestimmte<br />
Ausstrahlung erzielt werden sollte, wurde angestrebt, wie bei dem aus<br />
Konstantin S. Stanislawskis Theatertheorie stammnenden „Als-ob“, parallele<br />
Situationen aus der eigenen, biographischen Erlebniswelt zu suchen (vgl.<br />
Stanislawski 1983: 35). 42<br />
Wie in echten Organisationen wurden emotionale Aufmerksamkeit, Affekte,<br />
Körper-, Zeit-, Kleider- und Raumordnungen sowie die Vorstellung über die<br />
Kunden strukturiert (vgl. Hochschild 1990: 66ff.). Zusammen mit der<br />
Stanislawski-Methode sollte der Raum für eine glaubwürdige Verkörperung von<br />
nicht erlebten und auch erlebten Situationen eröffnet werden (vgl. ebenda: 100).<br />
Hier zeigt sich der rollenspielerische Anteil in dem krisenexperimentellen<br />
Aufbau. Die Rollenspieler versetzten sich in die Sprache der „Unternehmerin<br />
ihrer selbst“, die nur durch eine genaue und reflektierte Beobachtung umgesetzt<br />
werden konnte. Dafür war nicht nur der professionelle Umgang mit Materialien,<br />
sondern die Ästhetik der Requisiten selbst von großer Bedeutung.<br />
Als die Spielergruppe, der Protokollant und der Kameramann den Raum<br />
betraten, war ein „Herzlich Willkommen“ und der „<strong>Monkeydick</strong>-<strong>Productions</strong>“<br />
Rekrutierungsspruch „Be a Honorary Big Swinging Dick – Be a <strong>Monkeydick</strong>“<br />
bereits an die Wand projiziert. Ein „Herzlich Willkommen“ befand sich auch auf<br />
rosafarbenen Papier in der Mappe. Alle Beteiligten wurden zusätzlich persönlich<br />
von der Spielleitung willkommen geheißen und ihnen wurde für die<br />
Teilnahmebereitschaft gedankt. Gleichzeitig wurde auf den Mitschnitt der<br />
Gruppendiskussion durch den Kameramann aufmerksam gemacht. Während der<br />
Gruppendiskussionen, des Kurz-Briefings und der Erinnerungsphase waren ein<br />
Protokollant und ein Kameramann anwesend, die das Geschehen<br />
verschriftlichten bzw. visualisierten und vertonten. Während der<br />
Nationalsozialisten versahen männliche Häftlinge in Konzentrationslagern mit dem so<br />
genannten „rosa Winkel“. Da es in der nationalsozialistischen Ideologie keine autonome,<br />
weibliche Sexualität gab, sahen die Nationalsozialisten kein hohes Gefahrenpotenzial in ihnen<br />
(vgl. Schoppmann 2004: 36). In der neuen, deutschen Schwulenbewegung gilt das Symbol als<br />
Solidaritätszeichen mit den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Die ehemals<br />
diskriminierende Farbe rosa wird heute selbstbewusst getragen (vgl. exemplarisch Grau 2004:<br />
327ff.).<br />
42 Hochschild konstatiert, dass Wärme als Arbeitsmittel in Dienstleistungsberufen gilt. Am<br />
Beispiel von Flugbegleiterinnen zeigt sie, dass diese mit Stanislawskis Als-ob-Methode<br />
Gefühle aus dem Privaten zur Nutzung in der Firma erschließen (vgl. 1990: 99f.).<br />
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