RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT
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ZVW 5/2003<br />
Biderbost, Eine Beistandschaft ist eine Beistandschaft?!?<br />
wurden und werden viele vorgebracht. Neben dem zunehmenden Auseinanderk<strong>la</strong>ffen<br />
von Recht und Rechtswirklichkeit und der Starrheit des geltenden<br />
Rechts wird namentlich die – fast schon zum Gemeinp<strong>la</strong>tz gewordene – stigmatisierende<br />
Wirkung von paternalismusbehafteten Ausdrücken und Instituten des<br />
Vormundschaftsrechts kritisiert. In der Revision sollte daher neben anderen Postu<strong>la</strong>ten<br />
«alles unternommen werden, dass durch die vorgesehenen Massnahmen<br />
als solche wie durch die Durchführung dieser Massnahmen und die Bezeichnung<br />
der Massnahmen ein Maximum an Schonung Betroffener gewährleistet wird». 10<br />
Als Bezeichnung, aber auch als Institut wirken ganz besonders die Begriffe Entmündigung<br />
und Bevormundung 11 sowie Abwandlungen davon diskriminierend.<br />
12<br />
IV. Die Handlungsfähigkeit im Vorentwurf<br />
a) Im Allgemeinen<br />
14. Im Wort<strong>la</strong>ut des Gesetzes hält Art. 13 ZGB gegenwärtig <strong>la</strong>pidar fest, dass<br />
Handlungsfähigkeit besitze, wer mündig und urteilsfähig sei. Da es <strong>la</strong>ut nun vorliegendem<br />
Vorentwurf begrifflich keine Entmündigung mehr geben soll, ist auch<br />
die Mündigkeit durch den Begriff der Volljährigkeit resp. die Unmündigkeit<br />
durch die Minderjährigkeit ersetzt. 13 In der Sache bleibt die Handlungsfähigkeit<br />
aber gleich definiert wie bis anhin und nach wie vor an die zwei Voraussetzungen<br />
Volljährigkeit und Urteilsfähigkeit gebunden (Art. 13 VE ZGB 2003). In Ergänzung<br />
dieser beiden Voraussetzungen schleicht sich – allerdings erst in der Negativdefinition<br />
des Art. 17 VE ZGB 2003 – unversehens eine weitere hinzu: das<br />
Fehlen einer umfassenden Beistandschaft. Unversehens, aber nicht etwa unerwartet.<br />
Denn auch im geltenden Art. 17 ZGB ist das heutige «mündig» von<br />
Art. 13 ZGB ausgedeutscht in «mündig und nicht entmündigt» 14 . Diese Vervoll-<br />
10<br />
Bericht 1995, S. 30; siehe auch Bericht 2003, S. 15.<br />
11<br />
Die Vormundschaft bliebe <strong>la</strong>ut Vorentwurf auch künftig für Minderjährige bestehen (Art. 327a ff.<br />
VE ZGB 2003), wobei im Begleitbericht diese Frage als «offen» bezeichnet wird (Bericht 2003,<br />
S. 20 und 101f.). Der Terminus «Entmündigung» stünde ausserdem weiterhin etwa in der Bundesverfassung<br />
(siehe dazu FN 45).<br />
12<br />
Diese Begriffe werden denn auch im Alltag häufig pejorativ und ohne direkten Zusammenhang<br />
zum Vormundschaftsrecht verwendet: Allenthalben liest man davon, das Stimmvolk werde bevormundet,<br />
eine Bevölkerungsgruppe stehe unter Vormundschaft einer anderen, dieser oder jener<br />
CEO gehöre entmündigt, die Kirche übergehe den mündigen Bürger, etc. Und es geht auch<br />
umgekehrt: Emanzipationsbewegungen aller Art feiern ein Erwachen der Mündigkeit usw. Da<br />
klingt auch, wie man das anlässlich mancher Anhörung – nicht nur älterer Leute – sogar ab und zu<br />
wörtlich zu hören bekommt, der althergebrachte Vogt noch mit.<br />
13<br />
Was im Vorentwurf wohl für einige Artikel, allerdings nicht durchs Band aufgeführt wird; so gibt<br />
es über die im Vorentwurf aufgeführten namentlich (aber gerade nicht nur) im Kindesrecht eine<br />
ganze Anzahl Bestimmungen, welche das Wort «mündig» oder eine Abwandlung davon enthalten:<br />
z.B. Art. 39, 102, 133ff., 176, 256, 256c, 259, 263, 273, 289 ZGB und allenfalls – auch über das ZGB<br />
hinaus – andere mehr.<br />
14<br />
Wobei der Gesetzeswort<strong>la</strong>ut, da er die Handlungsunfähigkeit definiert, von «unmündig oder entmündigt»<br />
spricht.<br />
304<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003