RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT
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ZVW 5/2003<br />
Hegnauer, Struktur der vormundschaftlichen Aufsicht<br />
1. Begriff und Bedeutung der Aufsicht<br />
Das Kindesschutz- und Vormundschaftsrecht – Teil des Bundeszivilrechts –<br />
wird durch staatliche Organe – vormundschaftliche Behörden, Vormund und<br />
Beistand – von Amtes wegen angewendet. Gerichtlicher Prüfung unterliegen jedoch<br />
nur Anordnung und Aufhebung bestimmter abschliessend aufgezählter<br />
Massnahmen,Art. 44 lit. d–f OG. Im übrigen ist die Sicherung richtiger Gesetzesanwendung<br />
Sache der Aufsicht oder – gemäss den romanischen Begriffen: surveil<strong>la</strong>nce,<br />
sorveglianza – der Überwachung.<br />
Aufsicht stellt nicht hinter jedes Organ einen Aufseher, sondern vergewissert<br />
sich in geeigneter Weise, ob die auf sorgfältiger Auswahl gegründete Vermutung,<br />
dass jedes Organ seine Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt, zutrifft<br />
und sieht wo nötig zum Rechten.Aufsicht umfasst zunächst die Behandlung<br />
von Beschwerden Betroffener. Sie wird ergänzt durch die Aufsicht von Amtes<br />
wegen: die Behörde greift von sich aus ein, sobald sie auf andere Weise von fehlerhaftem<br />
Tun oder Unter<strong>la</strong>ssen Kenntnis erhält, und nimmt Inspektionen vor.<br />
Aufsicht ist im Verhältnis zum materiellen Recht sekundär und unspektakulär.<br />
Sie figuriert nicht im Schaufenster der Gesetzgebung, sondern hat ihren unscheinbaren<br />
P<strong>la</strong>tz im Hintergrund. Und dennoch ist sie notwendig und wichtig.<br />
Die Sorgfalt, die ein Gesetzgeber an die Aufsicht wendet, ist Gradmesser dafür,<br />
wieviel oder wiewenig ihm an richtiger Rechtsanwendung gelegen ist. Die Folgen<br />
ungenügender Aufsicht mögen beim Kindes- und Erwachsenenschutz weniger<br />
offenkundig sein als beim Bruch einer Staumauer oder bei Zahlungsunfähigkeit<br />
einer Bank; den Schutzbedürftigen treffen sie nicht weniger empfindlich.<br />
2. Die Aufsicht nach dem ZGB von 1907 1<br />
A. Die Vormundschaftsbehörde übt gegenüber Vormund und Beistand der Sache<br />
nach – das Gesetz verwendet das Wort nicht – Aufsicht aus:<br />
– von Amtes wegen umfassend durch Prüfung und Genehmigung der periodischen<br />
Berichte und Rechnungen; wo nötig, ver<strong>la</strong>ngt sie Behebung des Fehlers<br />
und trifft die zur Wahrung der Interessen des Betroffenen nötigen Massregeln,<br />
Art. 423 1,2 , auch disziplinarische, Art. 445–447;<br />
– punktuell durch Beurteilung von Beschwerden des Betroffenen oder eines Interessierten,<br />
Art. 420 1 , und<br />
– durch Mitwirkung bei bestimmten Geschäften, z.B. Art. 398ff., 421, was Prüfung<br />
der Vorbereitung durch Vormund oder Beistand einschliesst.<br />
B. .a. Aufgaben der als Aufsichtsbehörde bezeichneten Instanz sind:<br />
– die Beurteilung von Beschwerden gegen primäre Anordnungen und gegen Beschwerdeentscheide<br />
der Vormundschaftsbehörde, Art. 420 2 , 388 , 450,<br />
1<br />
Nicht einzugehen ist hier auf die mögliche Zweistufigkeit der Aufsicht, Art. 361 2 , und die Familienvormundschaft,<br />
Art. 362–366 ZGB.<br />
362<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003