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RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT

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ZVW 5/2003<br />

Auer, Bundeskompetenzen in vormundschaftlichen Verfahren<br />

Bereich die nicht streitige Gerichtsbarkeit zu ordnen. Sieht er davon ab und ermächtigt<br />

er statt dessen die Kantone zum Er<strong>la</strong>ss der für die Verwirklichung der<br />

privaten Rechte erforderlichen Organisations- und Verfahrensvorschriften, so<br />

stellt die entsprechende Delegation einen echten Vorbehalt zugunsten des kantonalen<br />

Rechts dar. Die Zuständigkeitsnorm von Art. 64 Abs. 3 aBV bzw.<br />

Art. 122 Abs. 2 BV bezieht sich nach dieser Auffassung nur auf die Verfahren der<br />

streitigen Gerichtsbarkeit. 24<br />

Die aus der materiellen Gesetzgebungskompetenz abgeleitete Befugnis des<br />

Bundes zur Einführung und Regelung der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist allerdings<br />

nach zutreffender, aber nicht unumstrittener Meinung nicht unbeschränkt.<br />

Vielmehr knüpft sie an die gleichen Voraussetzungen an, wie sie für die Hoheit<br />

des Bundes zum Er<strong>la</strong>ss von zivilprozessualen Normen schlechthin gelten: Die<br />

Verwirklichung des Bundesprivatrechts muss die Schaffung der jeweiligen Verfahrens-<br />

und Organisationsbestimmungen gebieten. Die Normen der freiwilligen<br />

Gerichtsbarkeit müssen zudem einen engen Zusammenhang zu den materiellen<br />

Bestimmungen des Bundeszivilrechts aufweisen und verhältnismässig sein, d.h.<br />

nicht über das hinausgehen, was die Zweckdienlichkeit der materiellrechtlichen<br />

Institution erfordert. 25 © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003<br />

24<br />

Walther Burckhardt, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung, Bern 1931, S. 589; Thomas<br />

Geiser, Basler Kommentar ZGB I, zweite Auf<strong>la</strong>ge 2002, N. 3 zu Art. 373 und N. 1 zu Art. 397e<br />

ZGB; Philippe Meier, Organisation tuté<strong>la</strong>ire et compétence fédérale, in: Festschrift für J.F. Aubert,<br />

Basel/Frankfurt a.M. 1996, S. 624; Marti (FN 3), Vorbem. zu Art. 5 und 6 ZGB, N. 104; Kley-<br />

Struller, Privatrecht (FN 14), S. 35; derselbe, Basler Kommentar ZGB II, N. 1 ff. zu Art. 52 SchlT<br />

ZGB; VPB 1982 Nr. 7 Ziff. 1a; ebenso wohl auch Max Guldener, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit<br />

der Schweiz (zit. Gerichtsbarkeit), Zürich 1954, S. 19 ff.<br />

25<br />

Vgl. hierzu das bereits erwähnte grundlegende Gutachten von Eichenberger (FN 11) sowie, dem<br />

folgend, Knapp (FN 3), N. 38 zu Art. 64, und Marti (FN 3), Vorbem. zu Art. 5 und 6 ZGB, N. 103.<br />

– Einige Autoren scheinen allerdings davon auszugehen, dass sich die Zulässigkeit von bundesrechtlichen<br />

Organisations- und Verfahrensbestimmungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach<br />

weniger strengen Kriterien bemisst als sie von Eichenberger für das Zivilprozessrecht schlechthin<br />

entwickelt worden sind. So heisst es etwa bei Meier (FN 24), S. 624: «...; le légis<strong>la</strong>teur fédéral a ainsi<br />

une compétence exclusive en matière gracieuse, qu'il est libre d'excercer avec plus ou moins de<br />

détails»; ähnlich grosszügig Burckhardt (FN 24), S. 589, sowie offenbar auch Kley-Struller, Privatrecht<br />

(FN 14), S. 35. In die gleiche Richtung scheint zudem Geiser (FN 24), N. 3 zu Art. 373, zu<br />

tendieren, da seine Feststellung, Art. 373 Abs. 1 ZGB stelle einen echten Vorbehalt zugunsten der<br />

kantonalen Gesetzgebung dar, darauf schliessen lässt, dass er den Bund als befugt erachtet, die<br />

vormundschaftlichen Verfahren eingehender zu normieren als er es im ZGB getan hat. Auch dieser<br />

Autor scheint freilich dem Bund nicht die Kompetenz für sämtliche Verfahrensaspekte zugestehen<br />

zu wollen (vgl. seinen Hinweis auf die Kompetenz der Kantone zur Regelung des Verwaltungsverfahrensrechts<br />

in N. 6 zu Art. 425 ZGB). Wie indessen Didisheim (FN 23), S. 212,<br />

überzeugend darlegt, lässt sich insbesondere aus den Materialien zur Verfassungsrevision von<br />

1898 nicht ableiten, der Verfassunggeber habe die Zulässigkeit von bundesrechtlichen Normen<br />

der freiwilligen Gerichtsbarkeit an andere Voraussetzungen knüpfen wollen als diejenige der übrigen<br />

Zivilprozessnormen (konsequent daher auch seine bereits erwähnte Auffassung [vorstehend<br />

FN 23], wonach die Zuständigkeitsnorm von Art. 64 Abs. 3 aBV [bzw. Art. 122 Abs. 2 BV] auch<br />

die Befugnis der Kantone zur Regelung der freiwilligen Gerichtsbarkeit einschliesst).<br />

194

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