RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT
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Auer, Bundeskompetenzen in vormundschaftlichen Verfahren ZVW 5/2003<br />
mögensfürsorge im privatrechtlichen Bereich. 16 Die freiwilligen Gerichtsbarkeit<br />
wirkt somit typischerweise in die Zukunft – z.B. in Form der Fürsorge für eine<br />
schutzbefohlene Person oder ein Vermögen –, währenddem die streitige Zivilgerichtsbarkeit<br />
einen in der Vergangenheit liegenden Streit entscheiden soll. 17<br />
Zu den Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden daher alle jene<br />
Organisations-, Zuständigkeits- und Prozessvorschriften gezählt, welche die<br />
«behördliche Verwaltung privater Rechte» 18 bzw. das «Funktionieren der zivilrechtlichen<br />
Einrichtungen» 19 sicherstellen sollen. Hauptsächliche Beispiele sind<br />
die Verfahren im Bereich der vormundschaftlichen Massnahmen, der Verschollenerklärung,<br />
der Kraftloserklärung von Wertpapieren, der öffentlichen Beurkundung,<br />
der behördlichen Mitwirkung beim Erbgang und der Führung öffentlicher<br />
Register. 20<br />
Die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden insofern als Teil des Zivilprozessrechts<br />
verstanden, als sie wie die Verfahren der streitigen Zivilgerichtsbarkeit<br />
auf die Verwirklichung der Privatrechtsordnung abzielen. 21 Da sie sich<br />
aber nicht selten vor Verwaltungsbehörden abspielen, richten sie sich oftmals<br />
nach den Vorschriften der allgemeinen Verwaltungsrechtspflegegesetze.<br />
2.2.2 Gesetzgebungskompetenz<br />
Wie bereits ausgeführt worden ist, hat Art. 122 Abs. 2 BV die Regelung von<br />
Art. 64 Abs. 3 aBV übernommen, wonach den Kantonen die Kompetenz zur Regelung<br />
des zivilen Verfahrensrechts zukommt. 22 Ob mit diesem Vorbehalt auch<br />
die Befugnis zum Er<strong>la</strong>ss von Verfahrensnormen der freiwilligen Gerichtsbarkeit<br />
verbunden ist, wird von der Lehre nicht einheitlich beantwortet. Während die<br />
Frage von den Autoren des Berner Kommentars bejaht wird, 23 vertritt der wohl<br />
überwiegende Teil der Lehre die gegenteilige Ansicht. Danach ist der Bund im<br />
Rahmen seiner Kompetenzen zur Regelung des materiellen Zivilrechts nach<br />
Art. 122 Abs. 1 BV bzw. Art. 64 Abs. 1 und 2 aBV auch befugt, für den jeweiligen<br />
16<br />
Walther J. Habscheid, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht (zit. Zivilprozessrecht),<br />
2. Aufl. 1990, Rz.136.<br />
17<br />
Walther J. Habscheid, Freiwillige Gerichtsbarkeit (zit. Freiwillige Gerichtsbarkeit), in: Deutsche<br />
Landesreferate zum VII. Internationalen Kongress für Rechtsvergleichung in Uppsa<strong>la</strong> 1966, Berlin<br />
1967, S. 225.<br />
18<br />
Marti (FN 3), Vorbem. zu Art. 5 und 6 ZGB, N. 103.<br />
19<br />
Henri Deschenaux, Der Einleitungstitel, in: SPR II, S. 21.<br />
20<br />
Vgl. Marti (FN 3), Vorbem. zu Art. 5 und 6 ZGB, N. 103.<br />
21<br />
Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht (zit. Zivilprozessrecht), 3. Aufl. 1979, S. 42 und<br />
51; vgl. auch Habscheid, Freiwillige Gerichtsbarkeit (FN 17), S. 225 f.<br />
22<br />
Angesichts der umfassenden subsidiären Zuständigkeit der Kantone (Art. 3 BV) wäre die in<br />
Art. 122 Abs. 2 BV verankerte ausdrückliche Übertragung der Verfahrenskompetenz an dieselben<br />
an sich nicht notwendig.<br />
23<br />
Gemäss Schnyder/Murer (FN 10), N. 42 zu Art. 373 ZGB, handelt es sich beim Vorbehalt von<br />
Art. 373 Abs. 1 ZGB, wonach die Bestimmung der für die Entmündigung zuständigen Behörden<br />
und des Verfahrens den Kantonen «vorbehalten» bleibe, um einen «unechten» Vorbehalt, weil die<br />
Kantone hierzu aufgrund von Art. 64 Abs. 3 aBV ohnehin zuständig seien. Ebenso im Ergebnis<br />
Raymond Didisheim, La notion de droit civil fédéral, Diss. Lausanne 1973, S. 210 ff., sowie Schnyder,<br />
Bundeszivilrecht (FN 3), S.123.<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003<br />
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