RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT
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ZVW 5/2003<br />
Galli-Widmer, Überlegungen zur Behördenstruktur<br />
mengesetzte Behörde auf Gemeindeebene überfordert ist und den Betroffenen<br />
nicht genügend Schutz bieten kann.<br />
Am 1. Januar 2001 ist im Kanton Tessin das Gesetz über die Organisation und<br />
das Verfahren in Vormundschafts- und Beistandsangelegenheiten vom 8. März<br />
1999 1 sowie das entsprechende Anwendungsreglement vom 29. November 2000 2<br />
in Kraft getreten.<br />
Durch dieses Gesetz wurde der Kanton Tessin in 18 territoriale Vormundschaftskommissionen<br />
aufgeteilt, die die bisherigen Vormundschaftsbehörden auf<br />
Gemeindeebene ersetzen. Die Vormundschaftskommissionen sind zusammengesetzt<br />
aus zwei ständigen Mitgliedern und einem Delegierten der Wohnsitzoder<br />
Aufenthaltsgemeinde der Person, über deren Fall diskutiert wird, oder bei<br />
deren Abwesenheit der Gemeinde, in der sich ihre Güter befinden (Art. 7 LTut).<br />
Die Kommission ist interdisziplinär konstituiert; der Präsident ist ein Jurist, und<br />
das ständige Mitglied verfügt über eine psychologische, soziale, pädagogische<br />
oder medizinische Ausbildung (Art. 9 LTut). Es handelt sich um eine Verwaltungsbehörde,<br />
die von der Sitzgemeinde der Kommission ernannt und von den<br />
konsorzierten Gemeinden finanziert wird.<br />
Nach 2 1 /2-jähriger Tätigkeit als Präsidentin einer Vormundschaftskommission,<br />
die 31 Gemeinden mit ca. 25’000 Einwohnern umfasst, bin ich heute überzeugt,<br />
dass das Modell des Kantons Tessin geeignet ist, den Bedürfnissen der Betroffenen<br />
vollumfänglich Rechnung zu tragen, vorausgesetzt, dass der Beschäftigungsgrad<br />
der einzelnen Mitglieder der anfallenden Arbeit angepasst wird. Dies ist<br />
heute nicht der Fall, und die meisten Kommissionsmitglieder leisten freiwillige<br />
Arbeit, um das gute Funktionieren der Kommissionen zu gewährleisten. Dieses<br />
Thema kann jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Artikels sein.<br />
Vielmehr liegt mir daran, die heutigen Bedürfnisse des Erwachsenen- und Kindesschutzrechts<br />
aufzuzeigen, damit das beste Verfahren zur Gewährleistung dieser<br />
Schutzrechte gefunden werden kann.<br />
II.<br />
Die Grundprinzipien des Erwachsenen- und Kindesschutzrechts<br />
Gleich eingangs des Berichts der Expertenkommission Juni 2003 (S. 2) wird<br />
darauf hingewiesen, dass eines der Ziele der Revision darin liegt, das Selbstbestimmungsrecht<br />
zu fördern. Ferner ist das heutige Vormundschaftsrecht, nach<br />
neuer Terminologie Erwachsenen- und Kindesschutzrecht, durch das Prinzip der<br />
Verhältnismässigkeit geprägt. Aufgabe der Behörde ist es, immer diejenige Massnahme<br />
zu finden, die den geringsten Eingriff in die persönlichen Rechte des Betroffenen<br />
darstellt und den notwendigen Schutz garantiert. Ein drittes Prinzip<br />
möchte ich in der Tatsache sehen, dass die Lebenssituationen des Individuums<br />
und der Familie ständigem Wechsel unterliegen, dem die Schutzmassnahmen im-<br />
1<br />
Legge sull’organizzazione e <strong>la</strong> procedura in materia di tutele e curatele (dell’8 marzo 1999), LTut;<br />
4.1.2.2<br />
2<br />
Rego<strong>la</strong>mento d’applicazione del<strong>la</strong> Legge sull’organizzazione e <strong>la</strong> procedura in materia idi tutele e<br />
curatele dell’8 marzo 1999 (del 29 novembre 2000), RLTut; 4.1.2.2.1<br />
388<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003