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RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT

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Auer, Bundeskompetenzen in vormundschaftlichen Verfahren ZVW 5/2003<br />

des steht, ob er gesetzgeberisch tätig werden will oder nicht. 57 Vielmehr ist er gehalten,<br />

alles vorzukehren, was nötig und geeignet ist, die ihm spezifisch zugewiesene<br />

Aufgabe zu erfüllen. 58 Die Justizreform liefert somit die rechtliche<br />

Grund<strong>la</strong>ge, um die von Fachleuten schon seit <strong>la</strong>ngem geforderte verstärkte Vereinheitlichung<br />

der vormundschaftlichen Verfahren zu realisieren. 59<br />

Allerdings sollte das Potential, das mit Art. 122 Abs. 1 BV-Justizreform verbunden<br />

ist, wohl auch nicht überschätzt werden. Zum einen kennt bereits das<br />

geltende Vormundschaftsrecht eine Vielzahl von bundesrechtlichen Verfahrensvorschriften.<br />

Zum anderen ver<strong>la</strong>ngt das übergeordnete Recht (BV, EMRK) ohnehin<br />

die Beachtung verschiedener Verfahrensgrundsätze, die von den Kantonen<br />

als verfassungsmässige Mindeststandards gewährleistet werden müssen.<br />

Dazu gehören etwa die Ansprüche auf rechtliches Gehör, auf Akteneinsicht, auf<br />

Begründung der behördlichen Entscheide, auf rechtmässige Zusammensetzung<br />

der entscheidenden Instanz, auf Ausstand Befangener oder auf unentgeltliche<br />

Rechtspflege. Andere Verfahrensaspekte wie etwa die Geltung der Untersuchungsmaxime<br />

stellen im Rahmen von Massnahmen, die von Amtes wegen angeordnet<br />

werden können, eine anerkannte Selbstverständlichkeit dar. 60 Und<br />

schliesslich gibt es Verfahrensfragen, die zwar theoretisch einer unterschiedlichen<br />

Regelung zugänglich wären, in der Realität aber doch mehr oder weniger<br />

einheitlich geregelt werden. In diese Kategorie fallen etwa die Rechtsmittelfrist,<br />

die aufschiebende Wirkung oder die Überprüfungsbefugnis. Allzu viele wirklich<br />

neue Regelungen, die für einen Teil der Kantone mit einer Abkehr von ihren bisherigen<br />

vormundschaftlichen Verfahrensbestimmungen verbunden wären, dürften<br />

daher wohl nicht zu erwarten sein.<br />

Etwas heikler dürfte es für den Bereich der Gerichts- und Behördenorganisation<br />

werden, zumal in diesen Fragen – wie dargelegt – auch die verfassungsrechtliche<br />

Kompetenzaufteilung nicht eindeutig zu Gunsten des Bunds oder der Kantone<br />

ausfällt. Hier wird sorgfältig abzuklären sein, wieviel an Vereinheitlichung<br />

im Interesse der Verwirklichung des neuen materiellen Rechts, aber auch des<br />

neu zu er<strong>la</strong>ssenden Bundesverfahrensrechts, wirklich notwendig ist.<br />

Die Frage, in welcher Form die neuen Verfahrensvorschriften zu er<strong>la</strong>ssen sind,<br />

kann schliesslich nicht an dieser Stelle beantwortet werden. Sie wird im Rahmen<br />

der jeweiligen Vorarbeiten zur Neuordnung des Zivilprozessrechts und des Vormundschaftsrechts<br />

zu beurteilen sein. Immerhin sei hier im Sinne einiger nicht<br />

weiter vertiefter Überlegungen Folgendes bemerkt: Die vorliegende Untersu-<br />

57<br />

Ein gewisser Spielraum würde sich dem Bund hingegen eröffnen, wenn die Kompetenz eine Kann-<br />

Formulierung enthalten würde (vgl. hierzu BBl 1997 I 228), was hier aber nicht der Fall ist.<br />

58<br />

Peter Sa<strong>la</strong>din, in: J. F. Aubert u.a. [Hrsg.], Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen<br />

Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874, Basel/Zürich/Bern 1987, N. 83 ff. zu Art. 3 aBV.<br />

59<br />

Schon vor der Revision des Art. 122 BV haben Experten des Vormundschaftsrechts auf das Bedürfnis<br />

nach einheitlichen vormundschaftlichen Verfahrensnormen hingewiesen (Christoph<br />

Häfeli, Organe und Verfahren im neuen Betreuungsrecht, in: ZVW 1995, S. 180 ff., 195; Meier<br />

[FN 24], S. 621 ff.; vgl. mit Bezug auf die Behördenorganisation ferner den Vorentwurf für eine<br />

Änderung des Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz], S. 8).<br />

60<br />

Vorentwurf für eine Änderung des Zivilgesetzbuches (Erwachsenenschutz), S. 23.<br />

© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003<br />

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