RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT
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Biderbost, Eine Beistandschaft ist eine Beistandschaft?!? ZVW 5/2003<br />
mehr als einfach die Revision der bisherigen Beistandschaft. Es kann sich der<br />
mögliche Eingriff bis zum vollständigen Entfallen der Handlungsfähigkeit als<br />
ultima ratio 27 steigern. Die umfassende Beistandschaft (curatelle de portée<br />
générale; curate<strong>la</strong> generale) ist damit k<strong>la</strong>r ein Nachfolgeinstitut 28 der heutigen<br />
Entmündigung.Auf den ersten Blick wird dadurch der Geist des fortschrittlichen<br />
Erwachsenenschutzes wieder untergraben; realiter betrachtet ist Erwachsenenschutz<br />
die Antwort auf Schwächezustände und es wäre wohl vermessen euphemistisch,<br />
Schwächezustände, die eine umfassende Betreuung notwendig erscheinen<br />
<strong>la</strong>ssen, schlechterdings zu verleugnen.<br />
b) Voraussetzungen<br />
23. Vorausgesetzt ist zunächst wie für jede Art der Beistandschaft, dass eine erwachsene<br />
Person mindestens einen der in Art. 377 VE ZGB 2003 aufgezählten<br />
Schwächezustände erfüllt. Hinsichtlich der erforderlichen Schutzbedürftigkeit<br />
beschränkt aber Art. 384 VE ZGB 2003 die Anwendung auf eine «besonders ausgeprägte»<br />
(particulièrement prononcé) Hilfsbedürftigkeit und erwähnt dazu illustrativ<br />
eine dauernde Urteilsunfähigkeit. Gerade für dieses einzig aufgeführte<br />
Beispiel ist allerdings ein Entzug der Handlungsfähigkeit kaum stets eine Notwendigkeit,<br />
da die Handlungsfähigkeit infolge der vorliegenden Urteilsunfähigkeit<br />
schon gar nicht gegeben ist (Art. 13 und 17 VE ZGB 2003). 29 Soll allfälligen<br />
luciden Intervallen begegnet werden, fragt sich, ob eine «präventive Entmündigung»<br />
dafür die richtige Antwort ist – im Einzelfall vielleicht. 30 Wie auch immer<br />
– auf jeden Fall aber muss die Hilfsbedürftigkeit in einer qualifizierten Form vorliegen.<br />
Das muss schon deswegen so sein, weil mit der umfassenden Beistandschaft<br />
entgegen den Zeichen der Zeit und der Konzeption des Vorentwurfs (vgl.<br />
Art. 374 Abs. 2 VE ZGB 2003) die Fremdbestimmung in den Vordergrund rückt;<br />
eine k<strong>la</strong>re und wesentliche Notwendigkeit muss daher ausgewiesen sein.<br />
24. Im Eink<strong>la</strong>ng mit einem Grundgedanken der Revision, wonach der notwendige<br />
Eingriff möglichst keine unnötigen Auswirkungen auf die Rechtsstellung<br />
des Betroffenen haben soll, ist – wie das auch unter geltendem Recht geschehen<br />
darf und soll – die besondere Ausprägung der Hilfsbedürftigkeit auch von der<br />
als Art. 309a (obschon nicht nur Art. 308 und 309, sondern ebenso Art. 325 und 146 ZGB, Art. 17<br />
BG-HAÜ sowie Art. 306 und 544 VE ZGB 2003 betroffen sind): «Die Bestimmungen des Erwachsenenschutzes<br />
finden, soweit keine besonderen Vorschriften bestehen, auf die Beistandschaften<br />
für Minderjährige entsprechende Anwendung».<br />
27<br />
Was für die Praxis bereits unter geltendem Recht k<strong>la</strong>r ist, muss unter dem subtileren neuen Recht<br />
erst recht weitergelten.<br />
28<br />
So auch Bericht 2003, S. 12.<br />
29<br />
Laut Bericht 2003, S. 39, soll durch dieses Beispiel k<strong>la</strong>rgestellt werden, dass die umfassende Beistandschaft<br />
«wirklich nur als ultima ratio anzuordnen ist».<br />
30<br />
Anzumerken ist hierbei auch, dass das Entfallen der Handlungsfähigkeit die oftmals vielleicht<br />
zweckmässige Folge hat, dass schlicht darauf verwiesen werden kann ohne in jedem Einzelfall<br />
nachträglich nachweisen zu müssen, dass gerade für ein bestimmtes Geschäft Urteilsunfähigkeit<br />
vor<strong>la</strong>g. Diese Rechtsk<strong>la</strong>rheit kann durchaus im Interesse des Betroffenen liegen. Das alleinige Interesse<br />
an Arbeitserleichterung für den Beistand dürfte aber nichts rechtfertigen.<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003<br />
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