RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT
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Biderbost, Eine Beistandschaft ist eine Beistandschaft?!? ZVW 5/2003<br />
34. Einleitend wurde die Frage nach einer Mogelpackung gestellt. Das geht etwas<br />
weit. In Art. 384 Abs. 2 VE ZGB 2003 ist deutsch 51 und deutlich dek<strong>la</strong>riert,<br />
dass die Handlungsfähigkeit entfällt. 52 Hingegen wurde im Zuge der Entstigmatisierung<br />
der Begriff der Entmündigung abgeschafft und alles, auch der Handlungsfähigkeitsverlust,<br />
in Auflösung der geltenden (unter anderem auch der Verkehrssicherheit<br />
dienenden) Typologie unter den Hut der Beistandschaft gepackt;<br />
ein kleiner (entschuldbarer?) Etikettenschwindel, oder sagen wir: Etikettenschummel,<br />
ist also nicht ganz von der Hand zu weisen.<br />
35. Und: Das neue Recht kaschiert wie gesagt alles unter dem Mantel der Beistandschaft.<br />
Eine Beistandschaft ist in Zukunft also auch eine Vormundschaft,<br />
nur heisst es nicht so. Das dürfte in der Praxis neben dem Gesagten auch deshalb<br />
eine Kehrseite haben, weil das bisherige System fixierter erscheint, die Massnahmentrias<br />
einfacher erklärbar ist und damit den Betroffenen besser nahegebracht<br />
und ihnen eine gewisse Sicherheit vermittelt werden kann, was der Akzeptanz<br />
durchaus dienlich ist – und wann funktioniert eine Beistandschaft schon besser,<br />
als wenn sie mit Kooperation verbunden ist. Ausserdem schleckt keine Geiss<br />
weg, dass im Kopf des heutigen Verbeiständeten der stigmatisierende Begriff der<br />
Bevormundung auch dazu dient – und subjektiv mitunter gut dient! –, sich als<br />
Nichtbetroffener davon abzugrenzen; so<strong>la</strong>nge die Entmündigung einen Namen<br />
hat, dient das in leichtfasslicher Weise dem Selbstwertgefühl des Nichtentmündigten.<br />
53 Dennoch sprechen aber gute Gründe für die Abschaffung der strikten<br />
Typenfixierung. Das Interesse des Nichtbetroffenen nach Abgrenzung muss<br />
zurückstehen. Es ist denn auch nicht mehr als ein Wermutstropfen im sonst recht<br />
süffigen Cocktail. Ein «Cocktail Kopernikus»: Dass nicht mehr der Fall ins enge<br />
Schema gedrückt werden muss, sondern das offene, nur mehr von wenigen Parametern<br />
fixierte System für jeden Fall eine weitgehende Einze<strong>la</strong>nfertigung zulässt<br />
(und erfordert!), kommt einer kopernikanischen Wende gleich. Dieser Paradigmawechsel<br />
wird der Sache sehr viel gerechter – aber die Verantwortung liegt damit<br />
vermehrt am Anwender, dem fortschrittlichen Massschneider 54 !<br />
36. So ist das «Maximum an Schonung Betroffener» 55 jedenfalls bezüglich der Bezeichnung<br />
einstweilen 56 gelungen.Sodann widerspiegeln Aufbau und System des Vor-<br />
51<br />
Und natürlich ebenso in den andern Gesetzessprachen.<br />
52<br />
Dies etwa im Gegensatz zum seit 1992 in Kraft stehenden deutschen Betreuungsrecht: Auch darin<br />
wurde die Entmündigung als Begriff abgeschafft; und nicht nur das, auch die Geschäftsunfähigkeit<br />
aufgrund von Betreuungsmassnahmen gab es fortan nicht mehr. Jedoch wurde ein Einwilligungsvorbehalt<br />
(§ 1903 BGB) geschaffen, der im Ergebnis die Handlungsfähigkeit ebenso beschränken<br />
kann, das aber nicht gleich ehrlich offenlegt.<br />
53<br />
Immer wieder hört man denn bei Anhörungen etwa: Mit einer Beistandschaft bin ich schon einverstanden,<br />
nie im Leben aber mit einer Vormundschaft.<br />
54<br />
Der sich in guter, illustrer Gesellschaft findet: Kein Geringerer als der Vater von Obelix ist von Beruf<br />
«Massschneider»! Und Obelix selber führt dieses Geschäft weiter und findet in jedem Abenteuer<br />
mit seinem Freund Asterix Freude daran, Hinkelsteine masszuschneidern und Römer zu hauen.<br />
55<br />
Bericht 1995, S. 30.<br />
56<br />
Wie auch der Bericht 2003, S. 15, festhält, muss man sich bewusst sein, dass jede Formulierung mit<br />
der Zeit negative Konnotationen hervorrufen kann.<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003<br />
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