RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT
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ZVW 5/2003<br />
Auer, Bundeskompetenzen in vormundschaftlichen Verfahren<br />
2.2.4 Öffentlich-rechtliche Natur der hier interessierenden<br />
Verfahrensbestimmungen<br />
2.2.4.1 Problem<br />
Schwierigkeiten bereitet die Annahme eines vollständigen Übergangs der freiwilligen<br />
Gerichtsbarkeit von den Kantonen auf den Bund deshalb, weil die Verfahren<br />
der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Bereich des Vormundschafts- und Erwachsenenschutzrechts<br />
grösstenteils öffentlich-rechtlicher Natur sind. Art. 122<br />
Abs. 1 BV-Justizreform, den es als potentiellen Auslöser der Kompetenzverschiebung<br />
zu analysieren gilt, spricht aber nur von der Befugnis zur Gesetzgebung<br />
auf dem Gebiet des «Zivilprozessrechts». Es stellt sich daher die Frage, inwieweit<br />
die Charakterisierung einer Verfahrensnorm als «öffentlich-rechtlich»<br />
der Subsumtion unter den Begriff des «Zivilprozessrechts» im Sinne von Art. 122<br />
Abs. 1 BV-Justizreform entgegensteht. 35<br />
Die Abgrenzung zwischen Zivilprozessrecht und öffentlichem Prozessrecht<br />
fügt der Auslegung von Art. 122 Abs. 1 BV-Justizreform einen neuen Aspekt<br />
hinzu. Zwar gilt nach wie vor, dass der neu in der Verfassung stehende Begriff des<br />
«Zivilprozessrechts» keinen anderen Aussagegehalt hat als die entsprechenden<br />
Vorbehaltsdefinitionen der Vorgängerregelungen. Der Bund soll demnach inskünftig<br />
all jene Verfahren im Bereich der Zivilrechtspflege regeln können, die<br />
der frühere Verfassunggeber in den Artikeln 122 Abs. 2 BV und 64 Abs. 3 aBV<br />
den Kantonen zur Regelung vorbehalten hat. Die besondere Schwierigkeit bei<br />
der Bestimmung des von der Justizreform erfassten Bereichs besteht aber darin,<br />
dass aus dem Umstand, dass die Kantone zur Regelung der hier interessierenden<br />
Verfahren zuständig waren (bzw. es bis zum Inkrafttreten von Art. 122 Abs. 1 BV-<br />
Justizreform noch sind), noch nicht geschlossen werden kann, weshalb dem so ist<br />
bzw. worauf sich ihre Zuständigkeit abstützt. Als Grund<strong>la</strong>ge ihrer Zuständigkeit<br />
kommen nämlich zwei Kompetenzen in Frage, welche die Abgrenzung zwischen<br />
Zivilprozessrecht und öffentlichem Prozessrecht widerspiegeln: Der ausdrückliche<br />
Zivilprozess-Vorbehalt gemäss Art. 122 Abs. 2 BV oder aber das Fehlen einer<br />
öffentlich-rechtlichen Verfahrenskompetenz des Bundes und damit die subsidiäre<br />
Generalkompetenz der Kantone im öffentlichen Prozessrecht gemäss den<br />
Artikeln 3 und 42 BV. Die Massgeblichkeit der einen oder anderen Betrachtungsweise<br />
ist im vorliegenden Zusammenhang wesentlich. Denn geändert<br />
wurde mit der Justizreform nur Art. 122 Abs. 2 BV, mithin die Kompetenz der<br />
Kantone zur Regelung der zivilen Prozessverfahren. Am Fehlen einer expliziten<br />
Bundeskompetenz zum Er<strong>la</strong>ss von vormundschaftlichen Verwaltungsverfah-<br />
35<br />
Dass letztlich auch das Zivilprozessrecht dem öffentlichen Recht zugeschrieben wird (so statt vieler<br />
Eichenberger [FN 11], S. 487), ist für die hier interessierende Fragestellung unbeachtlich. Der<br />
Kompetenzordnung in der Verfassung liegt eine Terminologie zugrunde, die zwischen verschiedenen<br />
Kategorien von Prozessrecht unterscheidet und dem Begriff «Zivilprozessrecht» (vgl. Art. 122<br />
Abs. 1 BV-Justizreform) einen spezifischen, auf das Verfahrensrecht im Dienste des Zivilrechts<br />
beschränkten Normbereich zuordnet. Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung der Zivilprozesskompetenz<br />
im Rahmen des Zivilrechtsartikels (vgl. auch den Begriff «Strafprozessrecht»<br />
in Art. 123 Abs. 1 BV).<br />
198<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003