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RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT

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Reusser, Vom Vormundschaftsrecht zum Erwachsenenschutzrecht ZVW 5/2003<br />

Vom Vormundschaftsrecht zum Erwachsenenschutzrecht<br />

Dr. iur. Ruth Reusser, Stellvertretende Direktorin und Leiterin der Hauptabteilung<br />

Privatrecht im Bundesamt für Justiz, Bern<br />

Endlich ist es soweit: Die Totalrevision des Vormundschaftsrechts ist in eine<br />

entscheidende Phase getreten. Am 25. Juni 2003 hat der Bundesrat das Vernehm<strong>la</strong>ssungsverfahren<br />

zum Bericht der Expertenkommission mit Vorentwurf<br />

für eine Revision des Zivilgesetzbuches (Erwachsenenschutz, Personenrecht<br />

und Kindesrecht) sowie zum Bericht mit Vorentwurf für ein Bundesgesetz über<br />

das Verfahren vor den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden in die Vernehm<strong>la</strong>ssung<br />

geschickt. Die Fachkreise, die Kantone, die Politik sowie weitere interessierte<br />

Organisationen und Einzelpersonen haben bis zum 15. Januar 2004<br />

Zeit, ihre Vorstellungen von einem modernen Erwachsenenschutzrecht zu konkretisieren<br />

und Kritik und Vorschläge einzubringen. Das Bundesamt für Justiz<br />

wird anschliessend die eingegangenen Stellungnahmen auswerten und dem Bundesrat<br />

Antrag für das weitere Vorgehen stellen. Mit einer Botschaft an die Eidg.<br />

Räte ist wohl frühestens in der ersten Hälfte 2005 zu rechnen.<br />

Wer Gesetze revidiert, muss sich als erstes überlegen, ob ein Gesetzeser<strong>la</strong>ss<br />

wirklich notwendig ist. Diese Frage ist für einen Teil der Personen, auf die das<br />

Vormundschaftsrecht anwendbar ist, wohl rasch zu beantworten. Wird eine erwachsene<br />

Person urteilsunfähig und entfällt damit von Gesetzes wegen ihre<br />

Handlungsfähigkeit, so muss der Gesetzgeber bestimmen, wie diese Person am<br />

Rechtsleben teilnimmt und wer für ihr Wohl verantwortlich ist. Heikler ist es bei<br />

Personen, die – ohne umfassend urteilsunfähig zu sein – wegen einer geistigen<br />

Behinderung, einer psychischen Störung oder eines anderen Schwächezustandes<br />

ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können. Hier gilt es<br />

zwischen Selbst- und Fremdbestimmung abzuwägen. Das geltende wie das künftige<br />

Erwachsenenschutzrecht bejaht aber m.E. zu recht die Möglichkeit der<br />

«Hilfe wider Willen». Wer nämlich die Zulässigkeit einer Fremdbestimmung<br />

grundsätzlich verneint, riskiert – so Professor Dr. Bernhard Schnyder – um eines<br />

verabsolutierten Selbstbestimmungsrechts willen Personen mit einem Schwächezustand<br />

Hilfen zu berauben, auf die sie dringend angewiesen sind.<br />

Der Staat muss sich daran messen <strong>la</strong>ssen, wie er mit seinen schwächsten Mitgliedern<br />

umgeht. Nicht weniger als 50’000 Personen standen Ende 2001 gemäss<br />

der Statistik der Konferenz der kantonalen Vormundschaftsbehörden unter<br />

einer amtsgebundenen Massnahme des Vormundschaftsrechts, die fürsorgerischen<br />

Freiheitsentziehungen nicht miteingerechnet. Daneben gibt es eine wohl<br />

beachtliche Dunkelziffer von Personen, bei denen Massnahmen an sich notwendig<br />

wären, die Angehörigen aber den Gang zu den Behörden scheuen und das<br />

«Durchwursteln» von der Praxis toleriert wird. Es muss uns allen deshalb ein sozialpolitisches<br />

Anliegen sein, das Vormundschaftsrecht aus dem Jahre 1912 im<br />

Interesse all dieser Menschen umfassend zu erneuern und zu modernisieren.<br />

© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003<br />

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