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RDT - Numéro spécial concernant la révision - VBK-CAT

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ZVW 5/2003<br />

Auer, Bundeskompetenzen in vormundschaftlichen Verfahren<br />

fassungsordnung den Kantonen zuweist. Die Auslegung des Begriffs «Zivilprozessrecht[s]»<br />

hat sich daher am Sinn der entsprechenden Vorgängerregelungen<br />

zu orientieren. Das heisst, dass die Untersuchung der Auswirkungen von Art. 122<br />

BV-Justizreform unterschiedlich ausfällt, je nachdem welche Auffassung man zur<br />

Gesetzgebungskompetenz von Bund und Kantonen im Bereich der freiwilligen<br />

Gerichtsbarkeit nach geltendem Verfassungsrecht vertritt.<br />

2.2.1 Mehrheitsmeinung<br />

Nach der vorherrschenden Auffassung 28 begründet Art. 122 Abs. 1 BV (bzw.<br />

Art. 64 Abs. 1 und 2 aBV) dadurch, dass er die Gesetzgebung auf dem Gebiet des<br />

Zivilrechts als Sache des Bundes erklärt, gleichzeitig auch die Bundeskompetenz<br />

für all jene Organisations- und Verfahrensvorschriften, die für die Verwaltung<br />

der im Zivilrecht verankerten Rechte erforderlich sind. Die Einführung und Regelung<br />

der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird demnach, soweit sie für die Verwirklichung<br />

des materiellen Privatrechts notwendig ist, von der Kompetenzzuweisung<br />

an die Kantone gemäss Art. 122 Abs. 2 BV bzw.Art. 64 Abs. 3 aBV nicht<br />

erfasst.<br />

Folgt man dieser Ansicht, so hat die Änderung von Art. 122 BV zunächst einmal<br />

keine Auswirkungen auf die Gesetzgebungshoheit im Bereich der hier interessierenden<br />

Verfahren: Wird die Einführung der nicht streitigen Gerichtsbarkeit<br />

vom Vorbehalt des Art. 122 Abs. 2 BV nicht berührt, so wird sie auch von der Änderung<br />

dieses Artikels nicht tangiert. Oder mit anderen Worten:Was den Kantonen<br />

gemäss der Verfassung schon bis heute nicht zusteht, kann auch nicht durch<br />

eine Verfassungsrevision von den Kantonen auf den Bund übertragen werden. 29<br />

Allerdings ist die aus dem materiellen Recht abgeleitete Befugnis zum Er<strong>la</strong>ss<br />

von Verfahrensvorschriften wie dargelegt beschränkt und setzt nach der hier vertretenen<br />

Auffassung voraus, dass der Er<strong>la</strong>ss der jeweiligen Normen für die Verwirklichung<br />

des materiellen Rechts erforderlich ist. Die Zuständigkeit für den<br />

Er<strong>la</strong>ss von Verfahrensvorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die über das<br />

Notwendige hinaus gehen, also für die Verwirklichung des Privatrechts nicht<br />

zwingend erforderlich sind, liegt dagegen nach geltendem Recht in jedem Fall<br />

bei den Kantonen. Eine entsprechende Bundeskompetenz existiert nicht. 30<br />

Für diesen Bereich «ausserhalb des Notwendigen» könnte die Justizreform<br />

durchaus zu einer Veränderung der Gesetzgebungszuständigkeiten führen. Zu<br />

klären wird daher insbesondere sein, ob der Bund mit der Zuweisung der Zivilprozesskompetenz<br />

auch die Befugnis zur Regelung jener Aspekte der nicht strei-<br />

28<br />

Siehe hierzu die Hinweise unter FN 24.<br />

29<br />

In Tat und Wahrheit sind die Kantone natürlich gleichwohl in vielen der hier zur Diskussion stehenden<br />

Bereichen zuständig, allerdings nicht von Verfassungs wegen, sondern aufgrund einer entsprechenden<br />

Kompetenzzuweisung im Zivilgesetzbuch.<br />

30<br />

Nicht nur weist Art. 122 Abs. 2 BV die Befugnis zur Regelung des Verfahrens auf dem Gebiet des<br />

Zivilrechts den Kantonen zu. Vielmehr sind die Kantone im hier interessierenden Bereich mangels<br />

entsprechender Bundeskompetenz (Art. 3 BV) auch zuständig für den Er<strong>la</strong>ss von Vorschriften<br />

des öffentlichen Prozessrechts (vgl. René Rhinow/Heinrich Koller/Christina Kiss, Öffentliches<br />

Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel/Frankfurt a.M. 1996, S. 24 ff.).<br />

196<br />

© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2003

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